Unter den Wolken

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In einer Hütte sitzen und an Gott denken.

Im Innenhof der Bibliothek, hinter dicken Mauern, kaum hörbar das Tosen der Leipziger Straße. Unweit von hier wird ein gemeinsames Gebetshaus für Juden, Muslime und Christen errichtet. One. Die ersten Spatenstiche sind bereits getan, ein curryfarbener Sandhaufen, direkt neben der Baustelle des neuen Bürokomplexes. Überall die dicken blauen und rosafarbenen Rohre. Pollems.

Oben am Himmel hören wir heisere Rufe, die Gänse ziehen weiter. Ich folge dem V mit wehmütigem Blick.

Goodbye to the summer

Als wir am frühen Abend heraustreten lodert der Himmel. Die Schlosskuppel brennt. Der Tag endet in einem Scheiterhaufen goldener Flammen.

Gescheitert auch der Berliner Flughafen. Man sollte ihn sprengen, in einem feierlichen Akt. Eine Demutsgeste der menschlichen Unzulänglichkeit, sagt der Eine. In die Luft jagen, die Steuermilliarden der Mühseligen und Beladenen.

Wir lachen über angegurtete Rauchventilatoren über das Einreissen und den Austausch von 600 Wänden, über Rolltreppen, die zu kurz sind, über fehlende Kabel, Schächte, Nummerierungen, über das gesperrte Terminal, über 150 000 Mängel.

Was dachte man sich eigentlich damals, so kurz vor der geplanten Eröffnung?
Gab es nicht sogar den Vorschlag ein Heer von hochmotivierten 1-Euro-Jobbern im Brandfall für Sicherheit sorgen und in abgestimmten Abläufen Brandtore öffnen, Belüftungen und Rauchanlagen betätigen zu lassen?
Beinahe so lustig, wie die Olympia-Hybris der Stadt. Das können wir, ist ja eh schon fast alles da.
Wir bauen ein Schloss, wir bauen einen Flughafen.
Ein Scheiterhaufen, der vom Universum aus zu sehen sein wird. Immerhin.
Soll mal einer sagen Berlin verstünde sich nicht auf Spektakel.

 

 

Bild: „BER Runway-001“ von Fridolin freudenfett (Peter Kuley) – Eigenes Werk. Lizenziert unter CC BY-SA 3.0 über Wikimedia Commons – https://commons.wikimedia.org/wiki/File:BER_Runway-001.JPG#/media/File:BER_Runway-001.JPG

 

 

 

 

 

Ozeanisch

Mit dem Gesicht nach unten liege ich in dem flachen Bassin, der Boden grün und voller Algen, dunkel ist der Park und still, Wasser läuft in meine Ohren und ich höre Puck, wie er sich biegt vor Lachen, seine Facettenaugen drehen sich im Kreis und ich versuche aufzusteigen, ein Schmetterling, steif  der Rücken, wie eine Scherbe, Puck lacht und die Schwestern stehen auf dem Beckenrand und rufen meinen Namen und lachen und winken und die Kleine springt hinein, der Druck, die Welle schwappt in meine Nase und ich lasse los, ich lasse los, doch die Brüder greifen nach beiden Flügeln, mit spitzen Fingern, sie nicht zu zerstören, ganz vorsichtig, greifen sie nach den Flügeln und ziehen mich rückwärts aus dem Nektar, der rüsselhoch steht; und das Lachen von Puck, sein breiter Mund und die Spiegelaugen schillern in der Nacht.

Die Schwestern lächeln, die blasse Kleine, die Brüder sind irgendwo im Park verschwunden, balancierend, und der Mann auf dem Plakat sieht aus wie M.B. so schön, setzt die Flasche an die Lippen, die grünen, legt den Kopf in den Nacken und es läuft und läuft und läuft die Kehle herunter, ich schlucke, die Zunge klebt am Gaumen und ich gehe zurück zum Bassin kniee auf dem Rand und bücke mich nach vorne, wie Narziss im Flur, und bücke mich ganz grün, wie M.B. und falle und tauche ein in mein zitterndes Gesicht; liege, die Augen geschlossen, bewegungslos brandet die Nacht und das Grün und das Schwarz in meine Ohren.

Im Bett liegt die Kleine neben mir. Der Mann geht an uns vorbei und singt, die Engelmacherin summt dazu und die Messer fallen und fallen herunter, gleißendhell; geschickt duckt sie sich, ich strecke beide Handflächen nach oben und fange sie auf.

Es ist hell, die Engelmacherin reicht mir den Stab, drückt und drückt und ich beisse zu, es schäumt und ich schließe die Augen und es knistert ganz sachte und löst sich auf in Dunkelheit.
Ich schlafe schon, ich schlafe.

Dieser Text ist ein Beitrag zu diesem Projekt, (das zwölfte Wort/ Rausch).

 

 

 

 

 

Potztausend

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Alles ist irgendwie geil oder krass oder sogar voll geil und voll krass. Manchmal auch voll süß. Katzen zum Beispiel.
Früher sagte man noch Potztausend, sagt der Eine und wippt mit dem Fuß.
Der Duden, so erfahre ich beim sofortigen Nachschlagen, stuft diese Interjektion als veraltet ein und schlägt synonym dazu das topmoderne Donnerwetter vor.
Potztausend, so lese ich weiter, wird im Duden gefolgt von Poudrette. Einem Wort, in das ich mich auf Anhieb rein verliebe, wie mir auch Frauennamen, die auf ette enden, schon immer eine Freude waren.
Henriette, Antoinette, Alouette.

Die Poudrette (auch der Poudrette) ist nun aber was?
Ein Wort so zart und duftig wie  präprandialer Puderzucker für die verwöhnten Schnuten der adretten Etten, entpuppt sich als überaus bemerkenswerte Bezeichnung für, durch Verbrennung in patentierten Feuerklosetts gewonnenen, Fäkaldünger.

Äch…

Hängt man nun an den Fertilitätspuder ein it an, so gewinnt man im Handumdrehen einen seltenen und wertvollen Halbedelstein, den Poudretteit.
Wunderbare Welt des Duden.

Bild: Rob Lavinsky, iRocks.com – CC-BY-SA-3.0 [CC BY-SA 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)%5D, via Wikimedia Commons

 

 

 

 

 

In another land

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Menschenströme, die sich durch Straßen wälzen und über Plätze schieben. Material für den Lauf der Zeit, für die Geschichte, die sie hervorgebracht hat. Soldaten. Ohne Bedeutung der Einzelne. Erfüllungsgehilfen (im Schraubgriff von Versprechen und Drohung).

Irgend jemand muss diese Kriege führen, den Regenwald abholzen und das Grundwasser vergiften.

Wir haben nicht gemerkt, als es geschah, wir wussten nicht, dass sich unter unseren Füßen und mit jedem unsere Atemzüge etwas wandelte und vollzog. Beinahe wie im Traum gingen wir über eine unsichtbare Grenze, ohne es zu wollen und ohne es zu wissen.
Nur langsam verstehen wir, dass sich etwas geändert hat, etwas eingeläutet wurde. Die Glocken der Geschichte, des Weltenlaufs. Auf der Schwelle zu einer anderen Zeit.
Die neuen Menschen sind schon da.
Welches Tor wird sich vor ihnen auftun und welche Wege werden sich ihnen zeigen?

We heard the trumpets blow and the sky
Turned red when I accidently said
That I didn’t know how I came to be here

Kann ich aus der Mitte einer Menschenmenge heraus fühlen wie groß sie ist?
Ob es eine Millionen Menschen sind oder sogar zwei oder mehr?
Macht es einen Unterschied für das Jetzt, ob wir noch 20 oder 50 Lebensjahre vor uns haben? Ist das nicht ganz gleich, wo wir noch nicht einmal wissen können, ob wir schon am Abgrund stehen oder nicht? Und stehen wir nicht immer auf der Klippe, weil unser Leben uns in jedem Moment wegbrechen kann, ganz ohne Vorwarnung?

Ist der Herbst denn nicht schön trotz und gerade wegen seiner Nachbarschaft zum Winter?

Die Ereignisse, die folgen werden, legen bereits ihre Schatten auf das Heute.
Ein ahnungsvolles, dunkles Raunen, das uns schaudern lässt, in ehrfürchtiger Erwartung.

Durchscheinend und zart ist die pergamentene Haut betagter Menschen. Ein Bald, (oder ein Noch?), das über allem schwebt und es so unendlich kostbar schimmern lässt. Ein Opal, so schön.
Der Vater, den ich so oft wie möglich sehen möchte. Auf Vorrat für den Rest des Lebens ohne ihn, für das Irgendwann (und mich streite mit ihm, weil ich es nicht ertrage, dass er nicht bleiben kann).

Kann denn nur der Sommer uns in Sicherheit wiegen und ist es am Ende Sicherheit und gar nicht Schönheit wonach wir suchen? Und sind Schönheit und Sicherheit nicht ganz und gar unvereinbar miteinander?
Sind im Gegenteil Unsicherheit und Vergänglichkeit nicht sogar die Grundvoraussetzung für Schönheit, und wird Schönheit durch die Wunden, die sie reisst, nicht zu etwas ganz und gar Schrecklichem und Furchteinflößendem, vor dem wir fliehen sollten?
Aber verlieren wir dann nicht unsere Freude und unser Leben?

(is there any any, is there none such, nowhere known some)

Werde ich mein Kind noch aufwachsen sehen, fragt G. die Oberärztin und diese fängt an zu weinen.

Es ist eine traurige Welt, in der wir leben. Eine Welt des Abschieds, des morgenroten Untergangs.
Eine Welt von unantastbarer, grausamer, gleichgültiger Schönheit.

 

 

Bild: Sascha Kohlmann, cc-Lizenz. appropriate attribution, https://www.flickr.com/photos/skohlmann/8843395517/in/photostream/

 

 

 

 

 

 

Dampfnudel

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Meine Mutter lässt die Zeitung auf den Schoß sinken und schaut mich an. Ihr Gesicht ist verschwitzt, auf der Oberlippe stehen Schweißperlen.
Ihr Blick macht mir Angst. Und sie sagt: Kathe, ich muss dir etwas sagen, es ist etwas passiert.
Ich sitze im Schneidersitz auf dem Rasen und beobachte die Ameisen, wie sie über die Grashalme torkeln, immer in Eile, und ich bin froh keine von ihnen zu sein. So allein.
Mit beiden Händen greife ich ins Gras und halte mich daran fest. Gleich wird sie etwas Schlimmes sagen, das weiß ich.
Mir ist stumpf und schwerfällig und plump zumute, eine dicke Kartoffel, eine Dampfnudel in einem Setzkasten voller Fingerhüte und Zinnfigürchen. Etwas warmes, das sich ausdehnt, ungeformt und wertlos.
Solange ich sie nicht anschaue kann sie nicht weiter reden. Ich richte meinen Blick fest auf den Boden.
Kathe, ihr sanfter Ton ist alarmierend.
Es ist etwas Schlimmes passiert, sagt sie jetzt und die nackte Angst kriecht mir die Wirbelsäule hoch bis in den Nacken. Ich halte den Atem an, Tränen steigen mir in die Augen.
Es nützt nichts, sie spricht. Ich muss sie gar nicht anschauen. Sie spricht und sie sagt: Matthias ist tot.

Es brennt in der Nase, zwischen den Augen, im Kopf hinter der Stirn. Mir wird heiß und ich dehne mich aus.
Weil sie lügt. Es steht in der Zeitung, sagt sie. Sein Vater. Mit dem Brotmesser im Schlaf.
Die Presse lügt, hat jemand gesagt. Der Onkel oder jemand anderes.
Nachts im Schlaf, mit dem Brotmesser aus Liebeskummer. Sich selber konnte er dann nicht mehr und hat die Polizei angerufen. Später in der Zelle hat er sich am Fenstergitter erhängt.
Ich weine und ich weiss nicht warum, denn es stimmt ja gar nicht und ich fühle mich so schwer und schaue sie immer noch nicht an, wie sie schwitzt auf der Gartenliege.
Matthias ist der Beste im Schnell-Gehen. Mit kurzen Hosen. Matthias ist der Lustigste. Matthias ist mein Freund. Ich bin verliebt in Matthias, schon lange.

Sommerferien. Es ist heiß, die Ameisen torkeln über die Grashalme, meine Mutter hat Schweißperlen auf der Oberlippe und Matthias ist tot. Wegen der Freundin, die den Vater verlassen hat.
Ich werde ihn besuchen. Vielleicht in der Gerichtsmedizin oder im Krankenhaus, wenn es ihm besser geht.

Am ersten Schultag liegen Blumen auf seinem Platz. Ich hatte es vergessen aber die anderen Kinder wissen es und ihre Eltern kommen mit in den Klassenraum heute und stehen und schweigen neben seinem Tisch. Ich habe keine dabei, weil ich es nicht wusste und weil er ein Junge ist. Und die Lehrerin, die mit Vornamen Hortensie heisst und spitze Eckzähne hat wie Dracula, ist sehr blass. Ihre Arme hängen schwer am Körper herunter. Sie trägt ein dunkles Kleid mit gelben Rechtecken, wie erleuchtete Fenster in der Nacht. Wie New York.

Matthias kommt nicht an diesem Tag und im Krankenhaus ist er auch nicht. Er kommt das ganze Jahr nicht mehr und ich bin immer noch verliebt in ihn.

Er liegt jetzt unter der Erde zusammen mit seinem Vater.

 Bild: See page for author [GFDL (http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html), CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/) or CC BY-SA 2.5-2.0-1.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.5-2.0-1.0)%5D, via Wikimedia Commons

 

 

 

 

 

 

Matchball

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Mit uns am Tisch sitzt ein Paar in den Fünfzigern. Der Mann, untersetzt mit teigigen Gesichtszügen und nervösem Lidflattern, seine Frau, eine stämmige Sitzriesin mit breitem Kiefer und überraschend geschmeidigen Händen.
Während sie mit konzentriertem Ernst das Essen auf ihre Gabel schichtet und vor dem Hinunterschlucken Bissen für Bissen gewissenhaft kaut, sieht er ihr mit hängenden Schultern zu. Sein Teller ist leer.
Der Fernsehmoderator und ich schauen uns stumm an.
Nach einer Weile hat die Frau fertig gegessen, blickt auf, betrachtet ihren Mann und ihr eben noch zufriedenes Gesicht nimmt einen schmerzvollen Ausdruck an.
Der Mann schaut zurück, seine Lider flattern, die Mundwinkel zucken, er schlägt die Augen nieder.

Du kannst dir etwas vom Buffet holen, sagt sie. Er bleibt reglos sitzen.
Geh!, ihre Stimme klingt hart.

Ohne sie anzuschauen erhebt er sich, schiebt seinen Stuhl ganz langsam zurück, sichtlich bemüht kein Geräusch zu machen, nimmt seinen Teller in beide Hände und geht mit steifen Beinen zum Büffet am hinteren Ende des Hotelspeisesaals. Seine Frau betrachtet unterdessen ihre Fingernägel.
Der Fernsehmoderator und ich starren auf unser Essen und kauen.
Kurze Zeit später kehrt der Mann mit vollbeladenem Teller zurück, setzt sich an seinen Platz und vermeidet es seine Frau anzusehen, die jede seiner Bewegungen aufmerksam verfolgt.

Was hast du da?, sagt sie und zeigt mit dem Finger auf seinen Teller.
Er zuckt zusammen.
Was ist das?, will sie wissen.
Fleischbällchen, antwortet er und es klingt beinahe wie eine Frage.
Hol mir auch Fleischbällchen, sagt sie.
Das waren die letzten.
Dann gib mir deine.
Ratlos blickt der Mann auf seinen Teller.
Ich möchte sie aber selber essen.
Gib sie mir
, sagt sie, und greift über den Tisch hinweg nach den kleinen Frikadellen, über die er inzwischen schützend seine Hand hält.
Gib sie mir, sagt sie noch einmal und schaut ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an. Ihr Ton ist schneidend.
Seine Lider flattern, das Kinn zittert, er atmet aus und zieht die Hand zurück. Sie beugt sich leicht nach vorne, und befördert mit ihren schönen Händen Bällchen für Bällchen auf ihren Teller.
Als sie nach dem letzten greift, versucht er es noch einmal. Er hebt sein Kinn, schaut ihr aus zitternden Augen ins Gesicht und sagt: Ich möchte wenigstens das Eine behalten.

Für einen kurzen Moment bleibt die Zeit stehen.
Der Fernsehmoderator schaut den Mann an, als verfolge er ein Tennisspiel und warte auf den alles entscheidenden Aufschlag, die letzte Chance, das Spiel noch einmal zu wenden, meine Gabel bleibt zwischen Teller und Mund in der Luft hängen, die Geräusche im Saal verschmelzen zu einem hallenden Raunen und die Sitzriesin ringt tief ein- und ausatmend um ihre Fassung.
Zu den flatternden Augenlidern und dem zitternden Kinn des Mannes gesellt sich nun noch ein Tremor der rechten Hand, mit der er sein verbliebenes Fleischbällchen abzuschirmen versucht.
Du gehst jetzt sofort ins Zimmer, sagt sie schließlich in bedrohlich sanftem Ton. Ihr Mann schließt kurz die Augen und bleibt reglos sitzen.
Du gehst jetzt sofort ins Bett, wiederholt sie ihre Aufforderung und legt den Zimmerschlüssel geräuschvoll neben seinen Teller.
Ich habe aber Hunger, sagt er und nun vibriert sogar seine Stimme. Tränen stehen ihm in den Augen und ich merke, wie eine hilflose Wut in mir aufsteigt. Ich verschränke die Füße und und ziehe die Beine unter meinen Stuhl.
Die Frau nimmt jetzt den klimpernden Schlüssel vom Tisch und hält ihn mit spitzen Fingern ganz dicht vor das Gesicht ihres Mannes. Dieser zuckt kurz zusammen, blickt sich im Saal um, niemand außer dem Moderator und mir scheint Notiz von dem Geschehen zu nehmen, dann greift er nach dem Schlüssel, steht langsam auf und verlässt mit schweren Schritten den Saal.
Ohne ihm hinterher zu schauen legt die Frau das letzte Fleischbällchen auf ihren Teller und bestellt bei dem vorbei eilenden Kellner ein zweites Glas Tinto.

Am nächsten Vormittag gehen der Fersehmoderator und ich am Strand spazieren.
Es ist kühl und windig, der Sand ist nass vom nächtlichen Regen, das Meer hat ein paar Algen und Plastikflaschen an Land gespült. Verwaist liegen die zerfallenen Sandburgen des Vortages. Oben am Himmel kreischen die Möwen. Ab und an lässt eine sich herabstürzen, durchstößt die kleinen Wellenkämme und taucht wenig später ohne Beute wieder auf.
Wir erreichen die Felswand am Ende der Bucht und breiten unsere Jacken auf dem Sand aus.
Schweigend sitzen wir und rauchen, schauen in die Ferne auf den diesigen Horizont und lauschen dem Gluckern und Rauschen des Wassers. Irgendwo dahinten liegt Afrika.
Eine Stunde oder länger sitzen wir so, als sich von  Weitem zwei Menschen nähern. Ein Mann und eine Frau. Ihr bunter Pareo flattert im Wind wie eine fröhliche Fahne, Fetzen ihres Lachens wehen zu uns herüber, sie halten sich an den Händen und schaukeln ausgelassen mit den Armen.
Angesteckt von soviel Glück lächelt der Moderator mir zu, legt seinen Arm um meine Schulter und küsst mich laut  schmatzend auf den Mund. Ich lache.
Wenig später erreichen auch die beiden Verliebten das Ende der Bucht.
Es ist die Sitzriesin mit ihrem Mann.

Bild: Wikimedia Commons, keine Beschränkungen

 

 

 

 

 

 

Rasen

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Wir sollten in Rollrasen machen, sage ich zu K., als wir am Potsdamer Platz sitzen und auf die frisch belegten Scheinhügel schauen, die mit Absperrgittern vor Vandalismus, also unbefugtem Betreten, geschützt werden, damit lässt sich besimmt jede Menge Geld verdienen.

Das ist viel zuviel Arbeit, sagt sie, den muss man doch aussäen und gießen und so.

Ja, aber mehr ja auch nicht. Was meinst Du, wie die in den Emiraten nach frischem Grün lechzen. Genauso, wie nach Milch. Die zahlen jeden Preis dafür. Hingeflogen, ausgerollt, gewässert und retour.

Dann lieber ein Waisenhaus aufmachen, sagt K., das ist weniger Arbeit.