Ich möchte fast sagen, die Träume sind nur Erinnerungen oder Combinationen von Hasen mit einer Papierscheibe gedeckt, kalt gestellt.
(Bot)
Ein heiteres, ausgelassenes Grüppchen – alle Menschen werden Schwestern- hat sich auf der Michaelkirchbrücke zusammen gefunden. Entspannt stehen wir am Geländer und schauen in das weite Himmelszelt. Ein freundlicher Mann erklärt uns das Geschehen am Firmament:
vor uns im Osten steht der Blutmond, der gerade aus dem Erdschatten heraus tritt, darunter, an der Häuserecke und viel, viel kleiner, der orange-rot funkelnde Mars, zukünftige Heimat der Erdianer, im Süden gleich hinter dem großen Baukran Saturn, im Südwesten Jupiter und über uns die ISS, die in diesem Augenblick in Richtung Nordosten davon fliegt. Fröhlich und ergriffen und sterblich wie wir sind, winken wir ihr zu und lachen und rufen „Alex!“ und eine Brise kommt auf in dieser tropischen Nacht und der Wind kühlt die Stirn und die Arme und weht das Haar aus den erhitzten Gesichtern und unten auf der schwarzen Spree zieht ein einzelnes Blässhuhn krächzend seine Bahnen. Irgendwo am Ufer brennt ein großes Feuer, in der Ferne höre ich Sirenen und den Gesang der Stadt. Rot leuchtet das Rathaus in unserem Rücken.
Im federleichten Flatterkleidchen und mit Rokokoperücken schweben drei Transen über die Brücke. Man sieht ja gar nichts, näselt die Eine. Hätt´ ich auch nicht extra wachbleiben müssen, sagt die Andere.
Wir lachen.
Leben.
Später treffe ich die Nachbarin auf dem Platz. Verloren steht sie mit ihrem Dreirad vor der roten Kirche. Wo ist der Mond fragt sie und ich zeige vage in Richtung Spree.
Es sind diese Nächte die man ein Leben lang erinnern und von denen man nie genau wissen wird, ob sie ein Traum waren.