Archiv für den Monat Juli 2020
Scirocco
In der Manteuffelstraße (Mandevil) soll der Hund sich vor einem vorbestimmten Haus entleeren. She doesn´t.
Beim Mietwäschegeschäft Sassin denke ich Assassin und dann Haschisch, und überlege, ob es mir besser gefiele als Assassine, Begine, Suffragette oder Kokotte in die Geschichte ein-, oder doch lieber namen- und gesichtslos in ihr unterzugehen.
Wie gewohnt beschäftige ich mich zuviel mit mir selbst, immer nur ich, ich, ich. In anderen Sprachen, so las ich, nimmt man mehr Abstand von sich, indem z.B. bei Ortsangaben nicht (wie bei uns) das eigene Selbst in den Mittelpunkt gerückt und alles andere dazu in Relation gesetzt wird (du stehst hinter mir). Gebräuchlich ist dort stattdessen die Verwendung der Himmelsrichtungen. Sitze ich beispielsweise an meinem Küchentisch und schaue in den Garten, so liegt dieser im Süden. Mein Buch lese ich von Ost nach West. Nachts im Bett indes sind meine Füße im Norden und ich lese von West nach Ost.
Meine erste Katzenliebe Castorp begrub ich, eingewickelt in eine britische Klöppeldecke, mit dem schwarzen Köpfchen zur aufgehenden Sonne.
Südost = icke (ich, ich, ich!)
random beauty
Vor ein paar Tagen (im Zustand seelischer Beklommenheit und mit drängendem Herzschmerz) schrieb ich einen Katastrophentext, der nur knapp vor dem Zusammenprall zweier Schwerlastzüge schlagartig an Fahrt verlor, knirschend im Schotterbett der friedvollen Versöhnung ausrollte und mit ohrenbetäubendem Quietschen zum Stehen kam, weil längst nichts mehr so heiß gegessen wie gekocht wird.
Nachdem ich viel Kraft und Weh und mancheine Tränen in diesen Text gelegt hatte, war ich beinahe geneigt, die Sache für eine schöne Pointe doch noch entgleisen zu lassen, aber das Harmoniethierchen in mir
(zirkelschmirkel fasel quassel stelzstelz)
… Twitter frisst Konzentration, fördert Faulheit und schnelle-Applaussucht (sach ma´n Wort mit „ussu“ inner Mitte) und schleift bedauerlicherweise den Sprachschmelz bis auf den empfindlichen Zahnhals herunter, wie einst Tierarzt und Autor St. seine Fingernägel auf den Steinplatten vor unserem von Springspinnen besiedelten Häuschen in der Bretagne.
Merkwürdigerweise denke ich, den St. vor Augen, immer auch an Cousine S., die Behütete, obgleich die beiden sich weder je begegnet sind, noch irgendetwas gemein hatten, außer vielleicht Haarfarbe und Frisur: blond und kurz, sowie den gerne getragenen schwarzen Rollkragenpullover und die beim Reden souverän übereinander geschlagenen Beine.
St. war es, dem die Geschichte des kleinen Mädchens, das auf einem Stuhl mitten im Raum sitzend, imstande war sein feines Sonntagskleidchen zu beschmutzen, so sehr ans Herz griff, dass er sich in die inzwischen zur Frau Herangereifte verknallte und mit ihr und dem alten Mercedes eine Reise durch französische Landhotels unternahm.
Wie sein Vater war der St ein leidenschaftlicher Jäger, der mit Lust tötete, was er am meisten liebte: den Fuchs.
St., so hörte ich Jahre später, soll sich nach dem vierten Kind mit der vierten Frau aus Gründen der Kostenersparnis, anstatt von einem Urologen, von seinem Cousin, einem Tierarztkollegen, sterilisiert haben lassen.
Vielleicht eine selbst gestreute Erzählung, möglicherweise aber tatsächlich so geschehen.
Cousine S. indes wechselte vom Genre der Beauvoir zu dem einer betont überkandidelten Madonna. Unbeabsichtigt und nahezu unbemerkt versandete unser Kontakt und viele Leben später, an einem dunklen Herbstnachmittag, begegneten wir uns auf einer umtosten Neuköllner Verkehrsinsel wieder, beäugten uns schüchtern und strebten bei Grün mit einem schmalen Lächeln auf den müden Gesichtern davon.
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Vor meiner Abreise (noch 22 Tage) stiefele ich so oft ich kann zu dem Wunder unter der Brücke.
Das Magische: erst wenn ich mich fast mittig unter dem Spalt in der Brücke befinde, wird der Streifen des einfallenden Lichtes auf dem Wasser sichtbar, und er verschwindet, sobald ich mich wieder ein kleines Stück entferne.
Über mir wummert und dröhnt die Stadt. Zwischen den Brückenpfeilern das helle Pfeifen der Taubenflügel.
Musik zum Text:
The Limiñanas – La mercedes de couleur gris métallisé
(youtube Direktlink)
Geschützt:
Achillea Isana
Der Bekannte ist unzufrieden. Er findet, dass er schlecht abschneidet in meinen Posts, und ich natürlich viel zu gut. Einer der vielen Vorteile ein Blog zu bespielen: man erzählt die Geschichte, wie man selbst sie erlebt und e m p f i n d e t. Und gesagt wurde, was gesagt wurde, da kann selbst der Bekannte keinen Faden abbeißen
Inzwischen mausert er sich übrigens, sehr zu seiner Zufriedenheit, zu einem Bekannteren, zumindest was seine Twitteraktivitäten anbelangt. Und je aktiver er dort die Welt erklärt und für den Sieg des Guten über das Schlechte ringt und in diesem Bestreben viele kluge Mitstreiterinnen um sich schart, umso mehr ziehe ich mich zurück und poste allenfalls noch Straßenfotografien, aufgenommen auf meinen täglichen Spaziergängen durch die Stadt.
Das Konzept Zahnarzt/ Zahnarztweibchen habe ich nie verstanden.
Meine Alpenreise rückt näher und schon jetzt fange ich an, zu organisieren.
Das neu eingetauschte Auto muss in die Werkstatt und die Medikamente und das Spezialfutter für die Tiere wollen beschafft werden.
Im Blauen Land hat es inzwischen einen Microburst aus einer Superzelle gegeben. An sich Lieblingsvokabeln und -phänomene einer Katastrophenchronistin. Jetzt aber: oweh! Hoffen wir, dass die Reise nicht ins Wasser platscht.
Um den Leserinnen dieses Blogs einen Einblick zu geben, was auf Berlins Straßen so los ist, zeige ich heute mal eine kleine Auswahl meiner Motive:
Am Morgen erwache ich vom Quietschen der Tür.
Achillea Isana Mbembé verlässt meinen Traum.