Die Bilanz des ausklingenden Jahres:
viel Liebe,
viel Kummer,
viel Tierarzt,
gute Freunde
und 11 Monate bestes Wetter.
Ansonsten geht es weiter, immer weiter.
So lange, wie es geht.
Einen entspannten Jahreswechsel wünsche ich allerseits!
Kürzlich `likte´ ich den Kommentar einer inzwischen Verstorbenen und haderte anschließend mit mir, ob das richtig war.
Meine Blogstatistik zeigte an diesem Tag, dass ein alter Text von mir mehrfach aufgerufen worden war. Da ich nach fast 700 Beiträgen den Überblick verloren habe, was ich, wann genau, unter welchem Titel veröffentlicht habe, überflog ich rasch den Text, sowie die dazugehörigen Kommentare. Der letzte Kommentar stammte von einer verstorbenen Bloggerin, doch hatte ich ihn aus unerfindlichen Gründen als einzigen nicht beantwortet. Mein eben entdecktes Versäumnis dauerte mich. Es tat mir sehr Leid, dass ich ihr, trotz ihrer freundlichen Worte, kein Echo gegeben hatte. Nach einigem Zögern klickte ich deshalb das `gefällt mir´-Sternchen an. Das erschien mir besser als gar nichts und weniger absurd, als ihr, im Wissen, dass sie nicht mehr lebte, noch zu antworten.
(Damals, als der Kommentar veröffentlicht wurde, gab es diese Funktion bei wordpress noch nicht, sonst hätte ich vielleicht…)
Nachdem das Sternchen gesetzt war, fühlte ich mich noch miserabler. Es kam mir plötzlich idiotisch und vor allem unredlich vor, klammheimlich und von aller Welt unbemerkt, diese elegante Methode gewählt zu haben, mein schlechten Gewissens zu beruhigen. Die Verstorbene wird das `Like´ nicht mehr bemerken und sie kann sich nicht einmal mit einer ironischen oder scherzhaften Bemerkung dagegen wehren, dass ich im Nachhinein versucht habe mich besser zu machen, als ich war. Das Ganze nutzte also nicht ihr, sondern allein mir. Eine posthume Wiedergutmachung für versäumte Aufmerksamkeit, oder Achtsamkeit, wie man heute gerne sagt, kann es nicht geben und ich bezweifle auch, dass so etwas zu Lebzeiten eines Menschen möglich ist. Zudem stellte sich mir die Frage, ob da überhaupt etwas gut zu machen war. Wir waren schließlich keine Freunde und auch keine `best buddies´ gewesen, und ich hatte sicher nicht mit Vorsatz ihren Kommentar unbeantwortet gelassen. Was sollte also das Gelike?
Ich saß eine Weile da, überlegte hin und her und starrte das Sternchen unter dem Kommentar an. Sollte ich es jetzt einfach wieder wegmachen? Durfte ich das? Würde ich nicht spätestens in diesem Augenblick der Toten Unrecht tun, indem ich ihr etwas wegnahm?
Um es kurz zu machen: ich habe noch einmal die Seite der verstorbenen Bloggerin besucht, die bis heute in meiner Liste der abonnierten Blogs steht, ich habe mir ihr Gesicht angeschaut, ihren letzten Eintrag, habe die Abschiedsworte ihrer FreundInnen und LeserInnen gelesen und hatte das tiefe Gefühl, dass es richtig war ihr mit einem kleinen Sternchen einen Gruß zu schicken.
Ich habe nicht `geliked´, ich habe einen Stein auf ihr Grab gelegt.
Ein flimmernd heißer Nachmittag im Sommer. Ich sitze vor der Bar, der Verkehr donnert von allen Seiten um mich herum. Oben rattert die Hochbahn vorbei, eine gelbe Schlange voller Menschen.
Ich bestelle ein Glas Rotwein, zünde mir eine Zigarette an, setze meine aschblonde Perücke auf und beobachte das Geschehen. Eine Frau wirft Flaschen in einen der großen Glascontainer, ein Radfahrer prescht fluchend an ihr vorbei, irgendwo bellen zwei große Hunde, der Verkehr dröhnt weiter. Lärm und Alkohol lullen mich auf angenehme Weise ein.
Ein Auto hält am Straßenrand, zwei Männer steigen aus, der eine schultert ein große Kamera, der andere schleppt Kabel und Mikrofon hinterher. Der Mann mit der Kamera trägt ein lockeres weißes Hemd, seine dunklen Haare sind an den Schläfen leicht ergraut. Er bewegt sich geschmeidig. Indianisch, denke ich. Als er mich sieht hebt er die freie Hand und lächelt. Es ist Toni, der Argentinier.
Der Argentinier verschwindet, zusammen mit seinem Kollegen, in der dunklen Kühle der Bar, kommt nach einiger Zeit mit einem Glas Tinto in der Hand wieder heraus und fragt mich ob er sich zu mir gesellen dürfe. Ich nicke.
Wir sitzen nebeneinander, schauen auf die Straße und schweigen.
Mir wird heiß, kleine Schweißperlen sammeln sich auf meiner Stirn. Ich ziehe die Perücke vom Kopf und lege sie auf den Tisch vor mir. Toni nimmt sie und setzt sie auf seine dunklen Locken. Mit bernsteinbraunen Augen sieht er mich an, seine Haut schimmert olivgrün. Er streckt seine Hand nach meinem Gesicht aus und streicht mit dem Daumen über meinen Mundwinkel.
Rotwein, sagt er und rollt dabei das r.
Mein Beitrag zum letzten Wort des txt-Projektes (ruhig)
Auf dem Kindergeburtstag sahen wir uns zum ersten Mal, der Argentinier und ich.
Er war lange schon erwartet worden, Toni, Toni, wann kommt Toni?, und er brachte, als er schließlich eintraf, das spektakulärste Geschenk von allen mit: ein Indoor-Zelt. Mit zwei gekonnten Handgriffen stellte er es in der Mitte des saalartigen Raumes auf und sofort drängten sich die Kinder, eines nach dem anderen, in das leichte Stoff-Iglu. Man hörte es wispern und glucksen, während außerhalb des Zeltes die erste Flasche Rotwein geöffnet wurde und ein Teil der Gäste sich rauchend auf den großen Balkon, in den warmen Augustnachmittag, zurückzog.
Toni erzählte und gestikulierte, nahm zwischendurch Gespräche auf seinem grünen Backsteinhandy entgegen, die er in hartem, bestimmenden Ton führte, und ließ das Gerät anschließend wieder zurück gleiten in seine Gürteltasche. Damals wäre niemand sonst auch nur die Idee gekommen außerhalb der eigenen vier Wände zu telefonieren, geschweige denn Gürteltaschen zu tragen.
Ich saß unterdessen, die Gäste beobachtend, an der Fensterseite des Raumes, die Sonne wärmte meinen Nacken, und trank Kamillentee. Hinter mir lag eine dreiwöchige Salmonellenerkrankung, ich hatte stark abgenommen und war zum ersten Mal seit dem Geburtstag meines Bruders im Juli außer Haus.
Neben mir langweilte sich ein aufgedunsener Mann mit verschränkten Armen und ohne Hals. Er hatte einen bitteren Zug um den Mund und bedachte alles was geschah mit abfälligen Worten oder Blicken, als befände er sich nicht inmitten einer Geburtstagsgesellschaft, sondern säße allein in einer entfernten Loge. Tatsächlich nahm niemand Notiz von ihm, doch ich war sicher, wenn ich ihn hörte, dann hörten ihn alle anderen auch. Wer war dieser Mann, wer hatte ihn eingeladen? War er ein Kollege oder Vorgesetzter an dem man nicht vorbeikam?
Irgendwann fing der Spielverderber an zu schniefen und fragte mit zusammen gekniffenen Augen in die Runde ob jemand im Raum Katzen oder Kaninchen habe. Ich zuckte mit den Schultern und schaute zufrieden in meinen Tee, auf dessen Oberfläche sich meine Augen spiegelten.
Bald stand er auf und ging.
Wenig später verließ auch ich die Feier.
Das zweite Mal treffe ich den Argentinier auf dem Brückenfest. Es ist kurz vor dem großen Sturm, der Himmel violettschwarz, und der Ballonverkäufer neben den schweren Pfeilern der Hochbahn hält mit ausgestrecktem Arm und verzweifeltem Gesichtsausdruck, die sich unruhig gegeneinander drängenden Bienen und Einhörner fest, die hypernervös, startbereit, sich aufbäumend, nach oben preschen wollen, weg nur weg von hier, und öffnet die Hand in der Sekunde, als der erste Donnerschlag den Himmel erschüttert. Sofort reisst es die Ballons fort, nach oben, ins Schwarz, die herniedersausenden Böen schubsen und boxen das bunte Treibgut durch die Lüfte, erste schwere Tropfen treffen auf den staubigen Asphalt, meine Brustwarzen stellen sich schmerzhaft auf. Leuchtend heben die Ballons sich gegen den dunklen Himmel ab, Bienen, Ernies, Berts und Einhörner.
Ich möchte nicht länger tikerscherk sein. Ich bin es nicht.
tikerscherk war eine defekte Leuchtreklame, ein Zauberwort, ein Hoffnungsfunke.
Ich bin nicht mehr der Mensch, der vor gut 5 Jahren angefangen hat unter diesem Namen zu schreiben.
tikerscherk war eine Andere als ich.
Sie trat kurz nach der Jahrtausendwende in mein Leben und begleitete mich die nächsten Jahre auf vielfältige Weise.
Damals fuhr ich täglich von meiner Arbeitsstelle in Berlin Marzahn mit dem Auto zurück nach Kreuzberg. Den größten Teil der Strecke bretterte ich mit stierem Tunnelblick immer geradeaus. Alle paar hundert Meter änderte sich der Straßenname, die Richtung blieb die gleiche. Ganz am Ende der Allee erahnte oder erhoffte man den Fernsehturm. Kurz davor würde ich links auf die erlösende Zielgerade abbiegen.
Ich fuhr und fuhr, die Zeit dehnte sich, sie zog sich und ich kam und kam, den Fuß auf dem Gaspedal, nicht an.
/ Hier ein Mac Paper, daneben das Standesamt, in dem der Argentinier (Toni Tolengho known as Toni Takitani) die Trapezkünstlerin geheiratet hatte, damals, als noch Osten war und sie raus wollte aus ihrem Land.
/ Dort, in der Scharnweberstraße, wohnte die Aubergine, dessen Haut so verführerisch glatt und wertvoll erschien und so nichtssagend und unbedeutend war, als ich sie berührte.
/ An dieser Stelle hatte ich Tom mit dem Auto abgesetzt, ihn in sein Leben entlassen. Wir haben uns danach nie wieder gesehen. Auf rätselhafte und unausgespochene Weise hörten unsere Kreise an jenem Tag auf sich zu überschneiden.
/ Bei der Sparkasse dahinten traf ich zufällig meinen Bruder. Mit einem wortlosen Kopfnicken ging er an mir vorbei.
Bilder.
/ Auf einem sehe ich die Straßenbahn, wie sie, vom Bersarinplatz kommend, quietschend die Petersburger herunterrollt, auf mich zu, laut und steifhüftig und sperrig, eine gewaltige Kuh mit viel zu kleinen Hufen. Ich stehe auf den Gleisen und schaue ihr entgegen, doch sie kommt nicht näher, sie rattert und schnaubt und steht in der Bewegung.
Travelling without moving
Erst, als ich von den Schienen trete, durchbricht sie die unsichtbare Grenze des Zeitlochs, des Vakuums in dem sie gefangen war, wie in einer sich immer weiter ausdehnenden Blase, in deren Inneren es kein Vorwärts und aus deren Mitte es kein Entkommen gibt. Ich spüre die Druckwelle, den Windstoß im Nacken, als sie die unsichtbare Wand durchstößt und laut donnernd und kreischend mit tausend Hufen an mir vorbeijagt. Ein Lastwagen, der die Autobahn mit aufgeblähter Plane in Schräglage durchpflügt (der wuchtigen Galeone auf Sturmkurs gleich, welche vor 307 Jahren vor der Küste Kolumbiens unterging und heute, im Jahr 2015, drei Jahrhunderte später, durch den sagenhaften Schatz, den ihr Bauch beherbergen soll, die gesamten Schulden eines Landes wird tilgen können,
Neben den Goldstücken und Edelsteinen ruhen die Knochen von 600 Seeleuten).
Ich fahre von meiner Arbeit zurück, immer geradeaus, die große Ost-West-Achse entlang, sammle Erinnerungen und Bilder ein, entkomme im Geiste nur knapp der Trambahn, der Boulevard weitet sich, öffnet sich zu acht Spuren, auf dem Mittelstreifen große Werbetafeln für die Abgeordnetenwahl. Neben das grinsende Gesicht Frank Steffels, dessen Familie Heimtextilien und Bodenbeläge vertreibt, hat jemand Bin TeppichLaden gekritzelt. Die Anschläge vom 11. September liegen nur wenige Wochen zurück.
Jetzt kreuze ich endlich die Straße der Pariser Kommune, weit ist es nicht mehr, hier schon die Steinschnecke auf dem Mittelstreifen, gleich ist es soweit, gleich erreiche ich das rettende Tor, da ist es, ich kann es sehen, noch 200 Meter, ich setze den Blinker, grüne Welle, aus dem Lautsprecher heult Nelly Furtado, ich stelle sie leiser, der Himmel ist mattrosa, im Westen geht die Sonne unter, jetzt wird alles gut werden.
Über dem Tor zur Freiheit steht
TIKER SCHER G
ich biege ab, es ist geschafft.
Traces fouillis gris pâle presque blanc sur blanc
(Samuel Beckett, Bing)
Die Erwartungen der Menschen nicht zu erfüllen, ist beinahe ebenso schwer, wie ihnen gerecht zu werden. Ihre Enttäuschungen zu ertragen ohne sie mir zueigen zu machen. Das Heilsame in ihrer Entzauberung sehen.
Ich spüre, wenn sich etwas verändert, eine Haltung, ein Gefühl. Ich weiß es, noch ehe ein Satz, ein Blick eine Geste davon zeugen. Am Schwersten bleibt es, nicht einzugreifen. Es geschehen zu lassen. Nicht beeinflussen zu wollen. Ohne Anstrengung zu sein, so unverstellt wie möglich.
Das Älterwerden zeigt sich auch darin. Und in den immer seltener werdenden Spitzen. Stromschnellen bleiben beherrschbar, der Wasserfall grollt nur noch in der Entfernung. Seine Gischt eine Spiegelung aus ferner Zeit.
Wieder ist ein Jahr vergangen, das gleißende Licht des Winterhochs malt Sonnenkatzen an die hohen Wände. Die Orientalin jagt den Dezemberfliegen hinterher, Töle ihrem Schwanz.
Morgen ist Weihnachten.
Meine Mutter wird diesen Tag auf ihrer Demenzstation verbringen, der Vater feiert zusammen mit dem Bruder und im Kreise der Stieffamilie, die Schwester wird mit den Ihren sein und ich für mich.
So hat es sich ergeben und so ist es gut.
Sich nach außen stülpen. Bis zum Äußersten gehen. Sich verausgaben in rasender Übereinkunft.
Die kleinen Ausschläge in den Falten der großen versenken.
Beben.
Unkontrollierte Verschwendung. Ziellose Ekstase.
Der Wurm im Fleisch. Das Gehäuse.
Hacerse viejo. Selbstverzehrender Schwelbrand.
Ponerse muerto
Alpen zu Mittelgebirgen, Felsen zu Sand. Fleisch zu Staub.
Ein Wimpernschlag, Vergeblichkeit (nicht Sinnlosigkeit).
Leben, von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Nicht kämpfen, nicht kapitulieren. Nicht unterscheiden.
Zeit verschlingt Leid.
/Der Fuchs auf dem Mittelstreifen, ein Schatten nur. Verhungernde Welpen, Beute. Der verkohlte Uhu am Strommast. Verbunden.
Nicht eingreifen.
Asche. In der Gleichgültigkeit gleich.
Aufgeknüpft am Todestor.
Der Kater stiefelt schnurstracks in die geöffnete Spülmaschine, die Katze ihm hinterher. Er scharrt, sie starrt, ich freue mich.
Frisch geduscht im Galahemd und kurz vor dem Zubettgehen fahre ich noch einmal richtig hoch. Der Hund vom Feuerwehrmann ist gestorben, schreibt er. Er ist traurig und ich überlege mir, wie ich dem Lebensretter etwas Gutes tun könnte. Kuchen! Mir fällt immer zuerst Kuchen ein, wenn ich Männer aufheitern möchte, aber ich kann leider nicht einmal backen. Der erste Versuch, vor vielen Jahren, fiel so jämmerlich aus, dass ich es sofort wieder aufgegeben habe. Sitzengeblieben ist er damals, der Kuchen und die mitfühlenden Blicke der Geburtstagsgesellschaft, angesichts meiner stümperhaften Dekorationsversuche, sehe ich noch heute vor mir. Kuchen wird es also nicht werden, oder wenn, dann gleich wieder vom Franzosen. Wenn schon stillos, dann stilvoll.
Was bin ich dankbar, denke ich voller Dankbarkeit, weil ich in diesem Zusammenhang gar nicht oft genug dankbar schreiben kann, weil ich so überaus dankbar bin, was bin ich also so dankbar, dass das kleine Tölchen noch bei mir bleiben durfte und ihr Körper sich wieder beruhigt hat. Danke!
5 Mal täglich bekommt sie Seelachs mit Hokkaido und es geht ihr gut, solange sie abends brav ihre Tablette nimmt. Ein echter Luxushund ist aus dem spanischen Straßenköter geworden, aus der Müllfresserin und Dreckwälzerin. Die Ausschlussdiät füttere ich seit 5 Wochen. Damit ist sie über den Berg, sagt die Ärztin, die Bauchspeicheldrüse sollte jetzt nicht mehr mucken.
Statt mucken wollte ich eigentlich`ausflippen´ schreiben, ein Verb, inzwischen beinahe so ungebräuchlich wie etwa die Redewendung `im Dreieck springen´. Diese, so verrät der Duden-Newsletter, hat ihren Ursprung in Berlin Moabit, genau genommen in dem dortigen preußischen Mustergefängnis, das Wilhelm IV. (bei römisch IV blinkt sofort das Hartz-Lämpchen in meinem Kopf) Mitte des 19. Jahrhunderts errichten ließ. Der Freigang, der in Isolationshaft sitzenden, Gefangenen, hatte eine Größe von nur 10 qm, in der Form eines Kuchenstückes (Dreiecks), welches durch hohe Mauern von den weiteren 19 Kuchenstücken getrennt war, die zusammen einen Kreis, einen der so genannten Spazierhöfe, bildeten. Bei soviel Enge, Einsamkeit und Bewegungsmangel flippte der Eine oder Andere schon mal aus und sprang in seinem Dreieck umher.
Interessant ist, dass der Berliner Tierschutzverien in Falkenberg die Idee der Spazierhöfe, sowie der Zellen für die einsitzenden Hunde scheinbar aufgegriffen, und das Tierheim nach dem gleichen Prinzip gestaltet hat: voneinander getrennte Kuchenstücke, die zusammen einen Kreis ergeben. Als Betonfan bin ich schwer begeistert von diesem ungewöhnlichen Bau.
Alternativ, bzw. synonym, zu dem Verb ausflippen (to flip out), bietet der Duden, unter anderem, `sich aus den Fesseln befreien´ und `sich außerhalb der gesellschaftlichen Norm stellen´ an. Im Zusammenhang mit den rasenden, schnaubenden, tobenden, durchdrehenden, explodierenden, berserkernden, austickenden Outlaws, die unter ihrem kleinen Himmelsdreieck lamentierend und lärmend nach Leben lechzten, scheinen mir diese Bilder sehr passend.
Fabelhafte Sprache.
Es ist Sonntagmittag. Der Fisch für die kommende Woche ist fertig gekocht und entgrätet, Töle wedelt seit Stunden im Takt dazu, den Kater habe ich mit Huhn bestochen und die Sonne kitzelt mir während meiner fürsorglichen Verrichtungen verführerisch in der Nase. Gleich werde ich zur großen Runde aufbrechen, in den wunderbaren weiten Himmel über Berlin blicken und dezembral chillen.
Früher, bei den Dinosauriern, hieß chillen übrigens noch entspannen. Dazu mehr ein andermal, in meiner noch zu launchenden Rubrik Aus grauer Vorzeit (coming soon!).