Kuramoto-mäßig oszillieren sich die Gläubigen in die gleiche Taktung hinein, Jede und Jeder innerhalb seines Sektors. Tribünen geraten in Schwingung, Brücken stürzen ein. Ich bleibe in Sicherheit: für mich.
Zum Geburtstag erreicht mich eine Mail aus Texas. Der Professor grüßt und wimmelt mich kühl ab, als ich freundlich antworte. I. schreibt aus Boston und meine inneren Pfingstrosen blühen auf.
Am Abend, ich spaziere gerade mit dem Besuchshund über den ausgestorbenen Platz, ruft der Kanzler an, um mir zu gratulieren. Er klingt unsicher nach all den Monaten des Kontaktabbruchs, wir murmeln eine höfliche Begrüßung und räuspern uns verlegen. Um mich zu sammeln, gehe ich, das Telefon am Ohr, durch den schlafenden Nachbarschaftsgarten zur Westseite des Platzes, die in vollkommener Dunkelheit liegt. Vom Kreuzdorf weht der Geruch verbrannten Holzes herüber. Der Boden ist matschig. In der Ferne rauscht die Stadt.
Ich höre den Kanzler erzählen wie sein Sohn ihn an Heiligabend beschimpft und schreiend des Hauses verwiesen hat, weil er mit des Kanzlers Testamentsvorkehrungen nicht einverstanden ist. Und wie die Kanzlerfreundin, aus Wut darüber, dass er einigen Patienten keine Rechnungen schreibt, den Kontakt zu ihm abgebrochen hat. Wie respektlos, denke ich, schweige aber und übergehe seine Frage nach meiner IBAN-Nummer.
Stattdessen erzähle ich ihm von meinen Bretagne-Plänen und dem Lied, das ich so gerne mag, und das mich immer an ihn denken lässt.
Ganz gleich, an welcher Stelle ich in diese Familiengeschichte hinein zappe: immer steht der Lautstärkeregler auf MAX und irgendetwas ist gerade am Explodieren.
Musik zum Text: La Femme, Trop De Peine