Abgrundtiefe Banalität

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Die Gründe das Areal rund um das Kottbusser Tor zu meiden sind die gleichen, die die Gegend so unwiderstehlich machen. Je nach Tagesverfassung.
Die Praxis für Nuklearmedizin gibt es leider nicht mehr. Ebenso wenig den Harley Showroom und das Geschäft mit geschmacklosen Brautmoden. Stattdessen hamwa jetzt Bio Company und demnächst einen weiteren Eurogida, der die letzten kleinen türkischen Läden am Platz verdrängen wird. Schade um den netten Bäcker im Durchgang.

So geht das.

 
Ich mach hier mal ein bißchen Pause, denke über das Bloggen nach und wieso mich das zwischendurch so anödet und auch sprachlos macht. Manchmal/ immer häufiger/ gerade/ erscheint mir das Internet als trostloser Ort, abgrundtief dumm* und banal wie Mario Barth.

(*Zitat D.Hildebrandt)

 

 

 

 

(halbherziger Text zu diesem Projekt: http://neonwilderness.net/txt/)

Leinenzwang

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Seit dieser Woche gilt überall in Berlin die Anleinpflicht. Ausgenommen davon sind lediglich ausgewiesene Auslaufgebiete. Wer seinen Hund trotzdem frei laufen lassen möchte, muss einen Sachkundenachwis erbringen.
Das Tier sollte dafür bestimmte Grundkommandos beherrschen, ohne Mucken an Kitas, Joggern, Briefträgern, Radfahrern usw. vorbei gehen, darf nicht an der Leine ziehen und muss sich insgesamt tadellos benehmen.

Wurde Zeit. Wenn jetzt noch der einzelne Hund ab einem bestimmten Gewicht und einer festgelegten Köpergröße einen Wesenstest durchlaufen muss, statt ihn pauschal einer Liste zuzuordnen, die Hundesteuer entsprechend ins Uferlose zu schrauben und auf diese Weise dafür zu sorgen, dass die Tierheime voll sind mit den sogenannten Listenhunde, die wegen der bekannten Verurteilungen und Vorverurteilungen nur schwer vermittelbar sind, dann bin ich sehr zufrieden.
Gut gefällt mir auch, dass jeder Hundehalter von nun an ausreichend Kotbeutel mit sich zu führen hat. Es geht mir schon lange auf den Zeiger mitverantwortlich gemacht zu werden für die Deppen, die die Exkremente ihres Haustieres mitten auf dem Gehweg liegen lassen und dafür sorgen, dass jeder andere Hundehalter in Misskredit gerät.

Wer eine Kampfhunddiskussion mit mir anfangen möchte möge bitte weiter ziehen.

same same

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Um zwei Uhr morgens sind wir immer noch in Trinklaune.
Als wir in der Schnabelbar ankommen, bestellt B. eine weitere Runde Bier und Sambuca. Wir zünden den Schnaps an, die bläulichen Flammen wabern träge auf der dicken Flüssigkeit umher und ich denke an Uriah Heep. Im Schein des Feuers leuchtet B.´s Gesicht und ich sehe den dunklen Ring um seine helle Iris. Der Geruch von Anis steigt mir in die Nase. Mit dem Bierdeckel löschen wir das klebrig-süße Zeug, stürzen es in einem Zug herunter und B. holt bereits Nachschub, während ich noch auf den Bohnen herumkaue und mit Bier spüle. Das nächste Glas leeren wir ebenso schnell und kurz darauf, beinahe schlagartig, entfaltet sich die Wirkung des Hochprozentigen und die ohnehin gelöste Stimmung kippt in überdrehte Heiterkeit. Wir sticheln und umarmen und fassen uns an und nachdem wir ein bisschen geknutscht haben, schüttet B. ganz plötzlich und in einer euphorischen Anwandlung einen kräftigen Schwall Bier in meinen Schoß, das auf dem glatten Material der dunkelroten Kunstlederhose eine Pfütze bildet, die sich schäumend in dem Dreieck zwischen Oberschenkeln und Schritt staut.
Während ich die Beine zusammen presse beugt B. sich nach vorne, schürzt die Lippen und taucht sie in den kleinen See.

Später ziehen wir weiter in den Privatclub.

 

 

 

 

 

 

 

 

Photo: „Beersheba IMG 3791“ von Eddau – Eigenes Werk. Lizenziert unter CC BY-SA 3.0 über Wikimedia Commons – http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Beersheba_IMG_3791.JPG#mediaviewer/File:Beersheba_IMG_3791.JPG

but different

Ich liege auf dem Bauch, einen dünnen Schal über dem Kopf ausgebreitet, und greife in den warmen Sand. Von dem Badetuch neben uns höre ich ein tiefes Stöhnen und ohne hinzuschauen weiß ich, dass sie jetzt soweit sind: der Ältere nimmt den Jüngeren gerade von hinten.
Zuvor hatte er sich in einem ausgedehnten Ritual und unter lustvollen Beschwörungen einen Cockring angelegt, seine glatt rasierten Hoden fest nach unten gezogen, dann den muskulösen Hintern seines Gefährten mit kräftigem Griff eingeölt und dabei den Anus mit beiden Daumen vorgedehnt. Währenddessen vergewissert er sich mit einem zufriedenen Grinsen, dass M. Ihm bei seinen Vorbereitungen zusieht und er wird nicht enttäuscht. Wie gebannt sitzt M. neben mir, unser Gespräch ist angesichts des Treibens längst verstummt, und ich frage mich, ob er gleich das Handtuch wechseln und mitmachen wird. Mir soll es Recht sein. Vielleicht erspart uns das den nachmittäglichen Besuch im Café Mozart oder das allabendliche Cruisen.

Vorne an der Bude tanzt unterdessen immer noch der rotgesichtige Engländer zu den schepperndem Klängen des gnadenlosen Hard Trance Techno, der sich wie spitze Metallschrauben in die mittägliche Gluthitze bohrt und das leise Rauschen des tiefblauen Meeres übertönt. Seine Beine treten wie aufgezogen, auf der Stelle, ein Jogger auf Speed an einer roten Ampel, die blauen Augen blicken entzündet und stumpf aus dem verbrannten Gesicht. In der linken Hand hält er eine Zigarette, die rechte umfasst die Bierflasche. Dann und wann legt er den Kopf in den Nacken und nimmt einen tiefen Zug.

Hinter der mobilen Bar dröhnt ein Dieselgenerator und bläst seine giftigen Abgase in Richtung der schwulen Community, die sich hier, weit entfernt vom Heterostrand mit seinen Sandburgen, Silikonbrüsten und bunten Schirmen, wie auf einem Brutfelsen, eng zusammengedrängt hat.
M. und ich liegen mittendrin. Es ist Anfang Januar.

Morgen, an meinem Geburtstag werden wir in den Nordwesten der Insel nach Agaete fahren.

 

 

 

 

*youtube direktlink

Du bist so wunderbar, Berlin (11)

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Seit es Notes of Berlin gibt, und man mit dem Fotografieren von vulgären oder sonstwie infantilen trashigen Aushängen so etwas wie klitzekleinen  Ruhm oder wenigstens einen Originalitätsorden ergattern kann, drängt sich mir immer häufiger der Verdacht auf, dass die Zettelchen und sogar die Müllentsorgung Selbstinszenierungen sind, die auf Veröffentlichung und somit auf ein größeres Publikum schielen.
Ankleben oder hinschmeissen, knipsen, einreichen.
Sei´s drum.
Diese anrührende Installation findet sich in der Alte Jacobstraße, gleich neben der letzten großen Mauerbrache, auf der in diesem Frühjahr alles gerodet werden wird um Eigentumswohnungen (surprise!) zu schaffen.

Du bist so wunderbar, Berlin!

Kontur

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Ob ich ihm einen anderen Namen geben dürfe, habe ich ihn damals gefragt.
Jenen, den ich von Beginn an im Kopf hatte, wenn ich an ihn dachte.
Den ich als Anrede über die Briefe setzte, die ich ihm schrieb und
den ich vor dem Absenden unwillig durch den eigentlichen, seinen Rufnamen, ersetzte, bis zu jenem Tag, an dem ich ihn bat, ihn so nennen zu dürfen, wie er heißt.

Damals siezten wir uns noch.

Er zog sich den Namen über wie einen Handschuh und ich formte die beiden Silben, die erste hell und spitz, die zweite dunkel ausklingend, und empfing ein tiefes, fragendes Ja als Echo.
Wie sich herausstellte war es der Name seines Großvaters, den ich ihm zugedacht hatte und der ihm so gut passte, weil es seiner war. Aufgeschnappt zu einer Zeit in der seine Silhouette als vage Andeutung zwischen anderen hervor zu schimmern begann.

Männlich, klug, elegant, weitsichtig, dezent, siegreich und weich. Das war er.

Ich ahnte nicht, wie die Dinge sich fügen würde.

Von Meisen und Arschgeigen

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Gentrifizierung bedeutet unter anderem, dass sich zu der Freude über die Frühlingssonne, zum blauen Himmel und dem schrägen Gesang der Meisen eine lästige Missempfindung schleicht, weil jetzt auch die Arschgeigen, wie ich sie liebevoll-euphemistisch nenne, aus allen Löchern gekrochen kommen und mit ihren Design- und Retrokinderwagen, mit ihren lächerlichen Bärten, Tätowierungen und ihrem Prêt-à-porter-Individualismus den Kiez verstopfen, sich auf die neueste Welle kalibrieren und ihre potemkinschen Visagen ins Licht halten.

Freu mich trotzdem, dass es wieder warm wird.

 

 

 

 

Bildquelle: „Parusnuchalis“ von L. Shyamal – Eigenes Werk. Lizenziert unter CC BY 2.5 über Wikimedia Commons – http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Parusnuchalis.svg#mediaviewer/File:Parusnuchalis.svg

Drosophila

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Frühling, Himmel, Sonne.
Seidenweicher Flow.
Nut und Feder.
Geöffnete Türen, Nachmittagsdösen.

Lust.

Nur Obstfliegen, die kleinen Malaisen.
Verweilen auf der Scholle, ehe sie schmilzt:

ich kann schwimmen.

Photo: jon feinstein, creative commons 4.0 https://www.flickr.com/photos/jonfeinstein/

#Limerick-Parade

Berlin, störrischer Esel
Eine Bloggerin aus Berlin,

die war äußerst reimaffin.
Ihr Kommentariat,
das schritt gleich zur Tat
und zauberte Limericks hin.

Ja, ich weiß, es holpert. Deswegen: denkt Euch bitte selbst Limericks, ganz gleich zu welchem Thema, aus und nutzt meine Kommentarspalte zum Veröffentlichen oder stellt die Limericks auf Euren Blogs ein. Ruft zum Mitmachen auf und verweist (bitte mit Link) auf diesen Beitrag.
Ich sammle das Ganze dann hier und veröffentliche später alle Limericks in einer Zusammenschau.
(Frau Montez, bitte machen Sie mit, ich weiß, dass Sie überaus begabt sind!)
Bin sehr gespannt, was hier zusammen kommt!

(Der Ortsname in der ersten Zeile wäre schon prima, ist aber nicht zwingend. Als Ort käme vielleicht auch Bett, Büro etc. in Frage).

Eine Reimanleitung und eine Sammlung von Limericks findet Ihr hier oder bei Wikipedia.

 

 

 

Foto: „Bundesarchiv Bild 183-S25043, Berlin, störrischer Esel“ von Bundesarchiv, Bild 183-S25043 / CC-BY-SA. Lizenziert unter CC BY-SA 3.0 de über Wikimedia Commons – http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Bundesarchiv_Bild_183-S25043,_Berlin,_st%C3%B6rrischer_Esel.jpg#mediaviewer/File:Bundesarchiv_Bild_183-S25043,_Berlin,_st%C3%B6rrischer_Esel.jpg