Jonglieren

Wie offenbart man sich, ohne um Liebe oder Mitleid zu bitten?

Margo Jefferson



Ich kann wieder lesen. Ganze Romane und nicht bloß Ausschnitte oder einzelne Kapitel.
Die damit einhergehende Social- Media-Enthaltsamkeit lässt den Dritten Weltkrieg und andere pulstreibende Schlagworte in die Ferne rücken. Eine Fata Morgana irgendwo, aber nicht hier in Bullerbü.

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Das Finanzamt Frankfurt schreibt an uns Abkömmlinge.
Der Anwalt schickt Mails, deren Inhalt ich nicht verstehe.
Die Bremsen des Autos sind eingerostet.
Der Unterfranke züchtet Würmer in einer Kiste auf dem Balkon.
Wokileins IBD ist aufgeflammt. Blutiger Kot und gereiztes Gekläffe.
Der Besuchshund ist im Stadium C der Herzerkrankung angelangt. Bei D ist Sense.
Ob der Krebs zurück ist, ist nicht sicher. Die Wahrscheinlichkeit liegt über 90 %.
Das demente Tölchen bellt in der Nacht. Die ebenso entrückte Tigerin schreit im Chor dazu und nutzt das Katzenklo nicht mehr.
Jeden Morgen die gleiche Sauerei in der Küche, im Flur, im Arbeitszimmer.

Wie ein altmodischer Jongleur, der zwischen einer Reihe Tellern auf kreisenden Stäben hin und her hastet, tue ich alles, um die mir anvertrauten, kleinen Seelen am Leben zu halten.
Auf Dauer werde ich diese Gangart nicht durchhalten können.

Die neue Vermieterin spricht mich auf der Straße auf mein hohlwangiges Aussehen an. Ob es mir gut ginge. Man mache sich Sorgen um mich.
Ich kämpfe mit den Tränen und entschuldige mich dafür.

Die Vogelfutterreste wachsen zu Sonnenblumen heran. Die Spatzen hängen schaukelnd an den hohen Bambushalmen. Auf den Frühling ist Verlass.



2 Kommentare zu “Jonglieren

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