Wir besuchen die Freundin. Sie holt uns am Parkplatz ab. Erschöpft sieht sie aus, traurig und klein.
Man habe sie gewogen und vermessen, erzählt sie. Fast einssiebzig. Allerdings mit Schuhen. Sie lächelt müde.

Rund um das ehemalige Lungensanatorium stellen in Reihen gepflanzte Kiefern ein Wäldchen dar. Echte Rehlein stehen auf den grob geschotterten Wegen. In den Wipfeln hängt der Winter. Wir gehen ein Stück zusammen und erreichen schon bald eine kleine Schrebergartenkolonie mit zeternden Gänsen, suhlenden Fleckenschweinen und Blick auf einen Deich hinter dem ein knapp zwei Meter breites Kanälchen verläuft und auf dessen Scheitel eine Reihe Ansitzstängelchen für winzige Greifvöglein steht (ich horste, du horstest, er horstet).

Was genau die Ursache für die Entzündung in Kopf, Knochen- und Hirnhaut ist, bleibt weiterhin unklar. Cortison hilft. Die pulsierenden Schmerzen der Freundin sind deutlich besser geworden.
Ihre Wut auf die Hausärztin, die ihr wochenlang nicht helfen wollte soll sie in ihre Genesung investieren, raten die Klinikärzte. Fit werden für die nächste Runde: den Atomkrieg.

Es st Krieg. Was soll ich noch schreiben.
Die Welt in der ich aufwuchs, zerbröselt wie die Zuckerwürfel im Kaffee des einarmigen Bekannten meiner Eltern, dessen ungefragte Umarmungen und übergriffige Oberlippenbartküsse ich mit Schaudern erinnere.

Es ist Krieg und ich verbringe meine Nachmittage in dem verwilderten Schrebergarten mit den himmelblauen Laubenresten.

Zwischendurch backe ich oder sorge mich um Hund, Katze, Kanzler und den Weltfrieden.