Die Autobahn ist glatt, wie der Bodenbelag moderner Einkaufszentren. Fast geräuschlos rollt der Wagen dahin. Im Radio herrscht Silvesterstimmung, super Oldies und das Beste von heute. Ich singe in nahezu verzweifelter Ausgelassenheit mit. Funky funky. Nach ein paar Liedern schalte ich weg. Wir fahren gen Norden, das will verkraftet werden.
Auf der vierspurigen Piste ist die Geschwindigkeit begrenzt. 80. Niemand weiss warum, doch alle halten sich daran. Selbst die klassischen Drängler schleichen tiefergelegt durch die Ödnis.
An der Raststätte parkt ein alter Campingbus mit dem Kennzeichen EG-AL. Der vollbärtige Fahrer, ein Enddreissiger mit knielangen Hosen und polierter Glatze, steht rauchend daneben und guckt wer nach seinem Schiff guckt. Wir tun es. Seine süße Freundin mit Zopf hüpft inzwischen ausgelassen zum Toilettenhäuschen, spielt im Geiste Himmel und Hölle, und hält dabei die überlangen Ärmel ihres Shirts mit den zarten Mädchenhänden fest. Als sie bald darauf erfrischt von der Waschung zurück kommt galoppiert sie wie ein Fohlen zu ihrem Liebsten herüber, um ihm atemlos und haarklein all das zu erzählen, was ihr in den letzten drei Minuten in der Fremde widerfahren ist. Doch statt sie zur Begrüßung in den Arm zu nehmen, sie zu knuddeln und zu küssen, jetzt, wo sie sich wiederhaben, betrachtet dieser ein kesses kurviges Küken, das soeben den Parkplatz angesteuert hat und sich dort genüßlich räkelt und streckt, so verspannt ist es vom langen Sitzen.
Das schnöderweise unterbeachtete Fohlen zieht eine Stute Schnute, stellt sich mit verschränkten Armen neben den bösen bärtigen Bären, denkt sich hexhexhex und versucht mit aller Kraft das doofe Küken wegzuzaubern, was ihm, nach Minuten höchster Konzentration, tatsächlich gelingt. Aus heiterem Himmel hüpft das hübsche Huhn auf einmal hurtig in seinen feschen Flitzer und braust davon. Der Bärtige heftet seinen hypnotisierten Blick noch für einen Moment an das heisse Heck, schüttelt sich kurz und umarmt nun endlich sein bedürftiges Pferdchen, welches sich sofort erleichtert gegen ihn wirft, ihn leidenschaftlich zurückumhalst und dabei nicht vergisst die überlangen Ärmel seines Shirts mit den zauberhaften Mädchenhänden festzuhalten. Da stehen sie und wiegen und schaukeln einander hin und her und sind so froh, dass sie sich haben. Alles andere ist ihnen eg-al.
Dieses Egal liest sich wie Sommerwind.
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…und riecht nach Heu.
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Sag ich doch!
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Herrlich !
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Was Du so alles erlebst aufm langweiligen Rastplatz…
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Kücken, Hühner, Fohlen und Pferdchen sehe ich hier leider selten.
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Fahr mal ins Altmühltal. Da is jede Menge Fauna.
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Halt: war in Thüringen. Im Altmühltal gab´s nur Biber.
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Oh, dann bist du also wieder da! Wie schön.
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Ja und nein. Ich war auf dem besten Weg ein Landmädchen zu werden und jetzt doch wieder nur Jöre. Immerhin ist es warm und ich werde sehr freundlich empfangen :)
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… fröhlich empfangen ohne verst-fohlene Seitenblicke auf heiße Heck-sen hoffentlich.
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Ohne Hexen und ohne Fohlen. Dafür mit Kater und Katz und jeder Menge Aufregung.
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Das ist ein getipptes Spitzendeckchen. Gefällt mir sehr.
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Danke schön!
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So viele Alliterationen… da wird mit ja bang um die zynische tikerscherk. Hat die Landluft sie etwa letztlich so etwas wie unbeschwert gemacht. Grausige Vorstellung! ;)
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Tikerscherk textet Alliterationen aller Art.
Die Unbeschwertheit ist die schönere Schwester der Schwermut. Sie ist ein wenig oberflächlich, aber doch eine angenehme Begleiterin durch den Sommer.
Ist ja bald Herbst. Wird schon wieder düster werden.
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Na Gott (oder wem auch immer) sei dank. :-*
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schönes foto auch!
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Findste? Find ich nämlich auch.
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äußerst gelungen
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Gutes Heimkommen! Die Schachnerin und ich passen derweil gut auf Bayern auf..:)…
Grüßle, Diander
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Wollen wir tauschen?
Ihr haltet hier die Stellung und ich kümmere mich solang um die Berge?
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Ach nee, lieber nicht, die Landpomeranzen täten auf Dauer in der Großstadt eingehen wie Primeln. Aber Bayern ist groß, da hätten umgekehrt schon noch ein paar Zuagroaste Platz. Auch wenn hiesige Politiker derzeit Gegenteiliges behaupten.
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