Die Welt gehört uns, steht auf Nabelhöhe an die Hauswand gesprayt. Gleich daneben lehnt eine festgekettete Holzleiter. Ein paar Meter weiter sitzen die neuen Kiezbewohner auf den sonnengefleckten Gehwegen am Park und genießen hinter dunkler Brille und sattem Lächeln einen Taschengeldkaffee aus unseren Kolonien.
Der Bekannte und ich versuchen es noch einmal mit einem gemeinsamen Spaziergang durch Kreuzberg. Den Rückweg geht wieder jeder allein. Der Enzian ist ein Mythos und mein Wille zur Steilwandbezwingung ist erlahmt. Nur manchmal noch brennt die Vergeblichkeit ganz oben an der Nasenwurzel.
Am Kanal stehen die verbotenen Angler und locken mit blinkenden Ködern japsende Fische aus dem überwärmten Gewässer. Auch der hessische Riesenwels soll demnächst gefangen werden und anderswo, bei als weniger wertvoll erachteten Arten, für einen darwin´schen Alptraum sorgen. Bereits auf einsfuffzich ist das gefräßige Tier meanwhilst herangewachsen. Sie tauften es auf den Namen Walli.
Ich lese, dass wieder irgendwo in der Republik ein Vater seine Tochter getötet hat, um damit die ungehorsame Kindsmutter zu strafen. Toxische Männlichkeit nennt man das heute. Ich nenne es: verfluchtes Schwein.
Mein Bedürfnis der Welt etwas mitzuteilen scheint verbraucht. Lieber betrachte ich die Feuerwanzen auf den Gehwegplatten, wie sie mit ihren aufgebockten Hinterleibern von links nach rechts torkeln, um sich später am Abend auf Mauern und Baumstämmen zu sammeln, wo sie ihre rotflammenden Panzer für die kommende Nacht mit Wärme betanken.
Am Engeldamm kreuzt ein querschnittgelähmtes Eichhörnchen meinen Weg und kriecht unter dem Bauzaun am Kinderbauernhof hindurch. Neugierig steckt der Taubenzüchter seinen Kopf aus dem federflusigen Holzverschlag. Gemeinsam beobachten wir wie das kleine Tier durchs Unkraut robbt, um den nächsten Baum zu erreichen, ehe der Kater kommt. Ich warte bis ich einen rostroten Fleck auf dem hellen Stamm des Essigbaums entdecke und trotte erst dann mit Tölchen weiter.
Auf dem Oranienplatz ist es selbst für die Trinker heute zu warm und auch die häkelnden Türkinnen finde ich nicht auf ihren Bänken unter den Kastanien.
Nur der Krähenfütterer und ich tun weiter ihren Dienst.
Hinter den Scheiben des farbbeutelverschmierten Hotel Orania stoßen derweil die betuchten Gäste mit einem erlesenen Tropfen an.
Früher stand hier auf dem Platz ein Mast. Darauf ein umgekippter Katamaran.
Der Wind entlockte den Drähten seiner Segel sphärische Klänge.
Ruhen Sie sanft, Herr Graff.