Armin und Amina

Die Klage von 2017 ist noch immer nicht abgeschlossen. Ich bewundere die Geduld und den Biss meines Anwaltes und frage mich, ob die Behörde möglicherweise versucht, die Angelegenheit ins klamme Heimlich der abgelaufenen Fristen zu verschleppen. Bestimmt gilt als Begründung auch hier wieder Corona, die Entschuldigung und Erklärung für alles, was man nicht zuwege bringen kann oder will.

Es ist April, es ist Ostern, es schneit und ich denke an Prince und höre seine talentierten Finger auf dem Gitarrenhals und die gekonnt unsauberen Klänge der Saiten. Am Tag seines Todes gondelte ich ahnungslos und bei schönsten Wetter in die Königsheide und freute mich dort an dem Grün der Eichen, den roten Stämmen der Kiefern und dem hellen Grün der Maiglöckchen. Erst später hörte ich, was geschehen war.
In dasselbe Wäldchen mit dem inzwischen zu Eigentumswohnungen aufgewerteten DDR-Kinderheim, führte mich auch der letzte mir erinnerbare Spaziergang mit dem Kanzler, den ich während der gesamten Pandemie kein einziges Mal gesehen habe.
Manchmal frage ich mich, ob es tatsächlich Gleichgültigkeit oder aber eine höhere Liebe ist, die ihn mich so zurück lassen lässt, damit ich, wenn er irgendwann die Augen für immer schließt, mich schon ausreichend abgenabelt habe, um nicht daran zugrunde zu gehen.
Wahrscheinlich aber ist es einfach die Kraftlosigkeit der alten Seele, die ihn kapitulieren und sich zurück ziehen lässt und natürlich die Frau an seiner Seite, die ihm seit dem Tod ihrer Tochter Besuche bei mir untersagt. Was ich nicht habe, sollst du auch nicht haben.
Der Kanzler hatte immer schon ein Faible für Frauen, die seine Kinder bzw. seine Töchter ablehnen.

Das (was ich nicht habe) bringt mich zum Thema Impfen und den derzeit diskutierten „Privilegien“ für priorisiert Geimpfte, die von denjenigen, die noch auf eine Impfeinladung warten müssen aus nachvollziehbarem Impfneid abgelehnt werden, aber auch die Kurzsichtigkeit der Menschen zeigt, wenn es um eigene Privilegien geht. Denn es ist ein riesiges Privilleg, dieses gesamte Pandemiejahr ohne die Todesangst und Isolation der Vulnerablen und ohne den mörderieschen Stress, der in der Pflege und der Erziehung Arbeitenden verbracht zu haben.
Wenn jetzt ein paar Alte, Kranke und zugrunde Geschuftete etwas früher ungetestet Kaffee trinken gehen dürfen, wäre es Zeit für Applaus und nicht für Missgunst. Abgesehen davon könnte auch die brachliegende Gastronomie wieder ein wenig Luft holen (argumentiert eine, die in 24 Stunden geimpft wird).

Das nächtliche Clownslachen im Haus gehört übrigens vermutlich zu dem gleichen Mann, der vor ein paar Tagen den Dachboden verwüstet hat und randalierend vor der Wohnung der ehemaligen Vermieterin stand. Seine Mitbewohnerin meldete sich später in der Signal-Hausgruppe und räumte ein, dass Richie möglicherweise derjenige sei, der nach ein paar geistigen Getränken nicht mehr die Kurve gekriegt habe.
Weshalb Richie sich nicht selbst anklagen und anschließend entschuldigen konnte bleibt ungeklärt.
Der Clown jedenfalls lacht (seither) nicht mehr.

Die Ex-Vermieterin indes verweigert standhaft die Hürde der Läuterung, hält an ihrer gewohnten Ekelhaftigkeit fest und beginnt mit der Reinigung der Regenrinne an ihrem Balkon, exakt in dem Moment, als ich darunter kniee, um mein kleines Beet vom Laub zu befreien.
Ich schaue auf und sehe sie von oben auf mich herabblicken.


7 Kommentare zu “Armin und Amina

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