Blinkende Schnecken

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Was, so dachte ich gestern unter der Dusche, wenn all diese Leute, die gerade die Welt in Brand setzen, deren eigentliche Retter bzw. die Erfüllungsgehilfen zur Weltenrettung sind?
Was, wenn nämlich die Natur unter Einsatz von Mikroben die Gehirne der Menschen  derart beeinflusst und unter Steuerung genommen hat, dass sie entweder gleich Reichsbürger werden oder sich Leader wählen, deren einziger großer Auftrag die Vernichtung der gesamten Menschheit ist, weil das Aussterben des Homo sapiens die Grundvoraussetzung für den Fortbestand des Lebens auf diesem Planeten ist.
Ich stelle mir das so ähnlich vor wie bei jenen Schnecken, die von einem Parasiten (Leucochloridium paradoxum) befallen auf die äußerste Spitze eines Zweiges kriechen, gut sichtbar für ihre Jäger, und die obendrein durch eine rätselhafte und tückische Veränderung ihrer Biochemie wild und bunt mit den Fühlern blinken, bis endlich ein Vogel heran geflogen kommt, sie erspäht und frisst, womit der Parasit genau dort angekommen ist, wo er hinwollte: im Magen seines Wirtes.
Auch die Natur spielt über Bande.
Möglicherweise, so überlege ich weiter, während das heisse Wasser an mir herunterläuft und die Lavaerde, die ich auf meiner Haut verteilt habe, sich um den Abfluss sammelt wie zäher Urschlamm, möglicherweise sind also Trump und Bolsonaro und all die anderen Zerstörer in Wahrheit und natürlich unwissentlich Weltenretter, indem sie unermüdlich und mit vor Gier zitternder Hand den Prozess der Vernichtung vorantreiben und damit die Auslöschung der Menschheit endgültig besiegeln.
Geister die stets das Böse wollen und doch das Gute schaffen.

Und wenn in Wahrheit (hihi) ich und meinesgleichen, die wir peinlich darauf bedacht sind keine Ressourcen zu vergeuden, möglichst wenig Schmutz zu fabrizieren und kein Tierleid zu verursachen, die eigentlichen Gegenspieler der sich aufbäumenden Natur sind, die all ihre evolutionäre Rafinesse (der Kanzler würde frohlocken über diese Formulierung) gebündelt hat, um durch den coup de microbes möglichst viele von uns dem Berserker-Wahn anheim fallen zu lassen und uns damit gleichsam an den Rand der Klippe zu treiben, dem point of no return.
Indem wir (uns anmaßen) uns darin gefallen, die Welt retten zu können und dabei mithilfe unserer größeren und kleineren selbstgerechten und verzweifelten Aktionen den finalen Kipppunkt hinauszögern, der das marode Kartenhaus endgültig zum Einsturz brächte und den Weg ebnete für Ground Zero, für einen menschenfreien Neuanfang, schwächen wir die Natur nur immer weiter, bis diese sich in einer letzten großen Kraftanstrengung, einem fulminanten Showdown röhrend und lodernd und berstend  aufbäumt, um mit einem gewaltigen Paukenschlag tabula rasa zu machen und uns alle auszulöschen.

Ausgelöst, so überlege ich weiter, wird dieser Wahnsinn wahrscheinlich durch den Konsum tierischer Produkte, weshalb unsereins, die wir vegan leben, zunächst verschont bleiben. Damit aber endlich Ruhe einkehren kann, bräuchte es dringend so etwas wie EHEC, ein dem Gemüse anhaftender tödlicher Keim, oder besser noch eine zweite spanische Grippe. Bei der steigenden Zahl der Impfgegner (zurück zur Natur) hätte diese zweifelsohne leichtes Spiel.

Ich bin frisch geimpft, denke ich, drehe den Wasserhahn zu und wickle mich in mein großes Handtuch.

 

 

 

 

Bild: Ken Walton, untitled, flickr, creative commons (CC BY 2.0)
 

15 Kommentare zu “Blinkende Schnecken

  1. Wenn ein olanetoides Kartenhaus zusammenfällt, dann geschieht das nicht schnell (in Menschenmaß(ss) en). Generell immer noch rapide aber so als Welt gesprochen vermutlich nicht „pronto“.

    Will sagen: das fällt schon.

    Aber ja, vermutlich gibt es mehrere Arten der Bevölkerungsbegrenzung. :)

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  2. Danke! Ihr Text hat gerade den Speisewagen des ice nach bankfurt grandios erheitert!!! Ich habe schnappatmung, die Zuhörer meiner Ausbrüche auch und ich versichere Ihnen: exakt so wird es ungefähr sein 😄

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    • …. und nun, da der Speisewagen im ice nach bankfurt sich langsam beruhigt und geleert (nicht: gelehrt) hat,….. da sitzt noch ein Herr gegenüber und führt die Konversation angeregt mit seinem Gegenüber fort, der bereits vor fünf Minuten aufs ec verschwand. Eine alte Dame mir schräg gegenüber, starrt mich wissend an. Andere würden sie evtl für paranoid halten, aber vermutlich hat sie in meinen Gedanken gelesen, dass ich nun die Wahrheit kenne. Trotzdem alles entspannt 😎

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  3. Gegen das Überleben der Frau (aller Frauen) hätte ich nichts einzuwenden. Ich will hoffen, dass die Mikroben geschmäcklerischen Sinn für die Schönheit haben und diese unberührt lassen. Den Mann als Fehlgriff der Natur, der gehe dahin wo der Pfeffer und so ..

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  4. Deine Spekulation hat was für sich. Die Erde wehrt sich auf mannigfaltige Weise. Etwa 60 Prozent der Bevölkerung trägt den Kartenparasiten Toxoplasma gondii in sich, ein Parasit, der Mäusen die Scheu vor Katzenurin nimmt und auch den Menschen risikobereiter macht.

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  5. Pingback: Matsch in der Birne

  6. „Die Welt ohne uns“ – ein Buch, das ich gerade gelesen habe und an das ich beim Lesen dieses Textes denken musste. Denkwürdiger Text, in der Tat.

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