Ereignisse mit mehreren Lichtquellen

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Als noch Himmel war

 

Stalinbauten und rauschender Verkehr. Die Iller fehlt, die Berge fehlen, das Waldstück zwischen Rubi und Oberstdorf. Der Bachlauf mit den schwarzen Salamandern, der holzverkleidete kleine Bahnhof, tieffliegende Spatzen in der hohen Halle und vielversprechende Auslagen beim Bäcker, die sich am Ende als fades Zuckerwerk entpuppen, mit dem ich später, auf dem Rückweg, eine Spur in den Wald legen werde.
Auf dem Bahnsteig eine siebenköpfige Familie, alle mit dem gleichen Shirt. Die Goldschmiedin kommt à la minute. Vom Allgäu geht es nach Oberbayern und ehe sich jetzt Irgendwer anschickt, mir zu gratulieren: ich schwelge nur.

 

 

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Safttropfen versickern in meiner Kleidung. Dr. Beckmann wird es richten.

Wie auf den Bildschirmen an Geschäftseingängen, läuft der innere Monitor mit: ich sehe mich zwischen den Riegelbauten, der Hund neben mir, meine Tasche als Schurz. (bei Schurz denke ich – dank früher MAD-Lektüre – an Roger Moore und dann erst an die Carl Schurz und noch später an den Pfarrer Britz und Lass die Micky Maus raus als beinahe prähistorisches Grafitto an der Kirche gegenüber und dann denke ich an dich– weiterhin zusammenhangslos (Notiz für mich selbst).

 

 

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Hinter dem Freiluftkino wälzt das Tölchen sich beherzt auf dem Rasen. Als ich zu ihr hin stürze, ist es bereits zu spät. Der fettige Odeur des toten Meerschweinchens klebt in ihrem staubigen Fell.

Die grillende Familie gleich nebenan schaut zu, wie ich, nah an der Brechgrenze, meinen Hund beschnuppere und am liebsten an einen Baum binden würde und dann doch unter den Arm klemme und unter zischenden Flüchen nach Hause stapfe. Die Kinder lachen.

 

 

 

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Bei Höhlenausgrabungen stieß man auf Knochen von Menschen neben Knochen von Großkatzen. Die menschlichen Gebeine waren abgenagt, die der Katzen unversehrt.
Ein paar Schichten darüber fand man abgenagte Katzenknochen neben unversehrten Menschengebeinen.
Carbonspuren belegten: irgendwann zwischen diesen Zeitschichten war das Feuermachen erfunden worden.
Rollentausch durch Fortschritt.

 

 

 

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Der Kanzler ist auf dem Weg nach Spanien. Der Verkehrsfunk meldet schwerste Unfälle auf der avisierten Route. Der Unterfranke, der im Falle eines Unfalles des Kanzlers (qua notgedrungenem Sanitäter-Einverständnis) schon vor langer Zeit zum Hiob bestimmt wurde, ruft zu ungewohnter Stunde an, druckst am Telefon herum und zögert und will nicht mit der Sprache heraus und ich halte die Luft an und überlege, ob ich sofort bewusstlos werden oder Herzrhythmusstörungen bekommen und in haltloses Weinen ausbrechen soll, oder ob ich besser erst nachfrage, was denn um Himmels Willen passiert sei. Mit angstvollem Herzen entscheide ich mich für Letzteres. Joke, was ist los?

Doch der Unterfranke sagt nicht was los ist und schweigt einfach weiter und mein Herz setzt kurz aus und mir wird bang und immer banger. Und während es in meinem Kopf dröhnt und die Angst mir die Kehle zuschnürt, höre ich auf der anderen Seite ein beklommenes Räuspern, lautes Ein- und wieder Ausatmen und mit schweissnassen Händen und kurz vor der Ohnmacht wiederhole ich meine Frage, dieses Mal beinahe flehend: Joke, was ist denn los?

Und der Unterfranke atmet noch einmal tief ein und ich spüre, wie schwer es ihm fällt, und dann sagt er: Ich habe eine Abmahnung bekommen.

Und ich sage: Gott sei Dank!

7 Kommentare zu “Ereignisse mit mehreren Lichtquellen

  1. Stuck würde ich das bei dir nicht nennen. Eher Tautropfen oder Lichtflecken oder Kapriolen. Aber Lakonie kannst du auch ganz gut. Wie ein Berliner Mietshaus, ganz ohne Stuck.
    Danke für die Sommergrüße.

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