Eine Grundregel hast du gleich zu Beginn unseres Kennenlernens gesetzt: keine Fragen. Und da von selbst und nur über ausgewählte Dinge und am liebsten nicht über dich du reden magst, weiß ich wenig nur von dir und deinem Leben und so bleibt mir ratloses Schulterzucken, wenn nach dir sich erkundigt wird: ich weiß es nicht.
I´m on my way, sagst du, ehe du gehst, und ich nicke, ohne aufzuschauen.
Ob ich dich begleiten dürfe, ein kleines Stück nur auf deinem Weg zum Bahnhof, hatte ich dich am Vorabend gefragt, als wir in ausgelassener Stimmung bei Tische saßen, die Hemden gebügelt und wir innerlich aufgeräumt und zufrieden waren. Dabei wußte ich schon, zumindest ahnte ich.
Nein, das sei dir nicht recht, sagtest du, das habest du anders geplant und unwillig legte deine Stirn sich in Falten.
Auch nach Jahren sind wir keine Handbreit weiter und noch immer rutsche ich an der glatten Wand deiner Verschlossenheit ab wie Sonnencreme an einer Plastiktüte. Und ich versuche es nur selten noch, denn ich kann nicht einziehen bei dir, ich soll es nicht.
Manchmal vergesse ich und du erinnerst mich.
Nachdem du am Morgen die letzten Dinge für deine Heimreise an den mir unbekannten Ort, zu den mir unbekannten Menschen, in ein mir unbekanntes Leben zusammen gepackt und die Thermoskanne geleert hast, setzt du dich noch einmal mit erfrorener Miene zu mir und sagst: Deine Mundwinkel hängen.
Dann fällt die Tür schon schnappend ins Schloss und bald seufzt schwer auch die Haustüre und du bist fort.
Es ist die gleiche Vergeblichkeit, mit der man ein sterbendes Küken beweint.
Es ist Trauer auf Armeslänge.
Oh…
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Ich bin ja nun auch eine, die nicht viel über sich redet, es gab mal jemanden, die gesagt hat mein „Ist jetzt nicht Thema“, wenn es in Nebensächliches abdriftet sei legendär, aber erstens finde ich es auch seltsam, dass man nach Jahren keine Handbreit weiter ist (das ist ziemlich erschöpfend), gerade deshalb ist aber aber vielleicht schwer jemanden gehen zu lassen, zweitens, ich habe selten erlebt, dass dieses Phänomen, dass eine Person im Kontext nicht zugänglich ist, so schön beschrieben wurde.
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Einer, der sich, aus welchem Grund auch immer, alle Türen offen lässt. Keine Ahnung, ob ich das aushalten wöllte. Man muss drei und drei zusammen zählen, und es gehören zwei dazu!
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Es gehören immer zwei dazu. Und zunächst denkt man sich noch dies und das und ahnt und vermutet. Irgendwann klärt sich zumindest das: es ist nicht das wonach es aussieht, doch was es ist wird man nie erfahren, niemals. Das muss man wissen und das muss man aushalten wollen und können.
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Ich kann dir das gut nachfühlen, weil ich es auch erlebt habe (es aber nur eine begrenzte Zeit lang ausgehalten habe, ich bin in dieser Konstellation selbst immer stiller und leiser geworden – und eines Tages ganz verstummt).
Liebe Grüße!
(Wie geht’s dem Tölchen mittlerweile? Denk oft an euch!)
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Es ist nicht das wonach es klingt und die Konstellation wahrscheinlich eine andere als bei Dir damals. Schwer ist es trotzdem manchmal.
Leider sind die Blutergebnisse von meinem Tölchen nicht so, wie ich gehofft hatte. Der Tumor ist wieder aktiv und wir fangen nächste Woche an mit den Medikamenten. Die Nebenwirkungen sind leider nicht ohne. Aber immerhin geht es ihr soweit ganz ok, die Stimmung ist gut, die Kraft eher mäßig. Solang sie lacht und wedelt, geht´s mir auch gut.
Liebe Grüße and Dich und das Dackelchen!
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Ganz sicher sind die Konstellationen nicht die gleichen, ich meinte nur, dich im Prinzip verstanden zu haben bzw. erahnen zu können, was du da beschrieben hast…
Dass das Tölchen sich nächste Woche wieder schweren medikamentösen Geschützen stellen muss, tut mir sehr leid – hoffentlich wird es nicht zu doll mit den Nebenwirkungen und die Therapie kann den Tumor wieder etwas „zurückdrängen“.
Alles Liebe für euch!!!
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Der Tumor ist ja zum Glück gutartig, aber da im Hirn sitzend folgenreich. Die Behandlung wirkt auf die Nebenniere und belastet die Organe. Die schlimmste Nebenwirkung ist der plötzliche Tod, deswegen geb ich ihr die Tabletten gar nicht gerne.
Immerhin durften wir 7 Monate aussetzen, ich hoffe dahin kommen wir wieder zurück.
Danke für Deine lieben Wünsche!
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So einen Menschen habe ich auch in meinem Leben. Die selbe Grundregel, die aber nie ausgesprochen wurde. Ich habe beschlossen, dass dieser Mensch in meinem Leben bleiben darf, zu seinen Bedingungen. Wenn es nicht anders geht, dann eben so. Man weiß nicht, was so ein Mensch vorher erlebt hat, dass er so geworden ist.
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Beinahe erleichtert es mich, das zu lesen.
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Jedes gestorbene Küken ist ein gebohrener Chickenwing.
Du wählst mit Bedacht was Du tust, so schreibt es zumindest zwischen den Zeilen, der Rest ist Kategorie und somit abzulehnen. Kategorisch 😉
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Ich ess nix, was ne Mutter hat.
Und was ich tue, das will ich wohl so. Zumindest mehr als die Alternative dazu.
Und es gibt ja immer auch eine andere Seite und zudem viele Wege zum Glück.
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Klonküken? Von Männern gebaut. Die sich alle nämlich definieren und so.
Guten Hunger!… :)
Es ist ganz cool zu wissen, dass es andere Wege neben dem sozial beleuchteten gibt. Sind halt weniger benutzt, dafür hat man mehr Freiheit bei Fehlern. :)
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Gebohren… Verfluchtes Handy. Ich meinte natürlich den Beginn eines Lebens.
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Diese merkwürdige Einstellung kenne ich nur von Spionen, Agenten, von Priestern oder von verheirateten Pädophilen.
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Er ist ein Agent.
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Die Autisten habe ich vergessen – mit denen komme ich aber (im Gegensatz zu meinen Kunden) gut zurecht – wir verstehen uns ohne viel Worte und nehmen unsere Auffassung des Lebens sehr ernst.
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Die „Trauer auf Armeslänge“ kenne ich auch. Das ist schön beschrieben – und schwer auszuhalten! Ich wünsche Dir Gelassenheit und Zuversicht. Für das Tölchen drücke ich die Daumen.
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Mich würde das wütend machen. Vor allem auf mich selbst. Wenn ich jemanden gestatten würde, mir seine Bedingungen zu diktieren.
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Wir diktieren uns alle gegenseitig die Bedingungen unter denen wir zusammen oder befreundet sein können und wollen. Manche Bedingungen sind viel schwerer auszuhalten, weil sie unseren Bedürfnissen entgegen laufen und so sehr von allem abweichen, was wir uns in unserer Prinzessinnenkutsche erträumt haben. Ich bin nicht glücklich, dass es so ist wie es ist, ich wünschte es wäre anders. Aber es bleibt doch so. Mehr werde ich niemals in dieser Konstellation bekommen.
So finde ich mein Glück anderswo und halte mich an die Eintracht Frankfurt und freue mich UNBÄNDIG über den Pokalsieg!
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Meine Liebe, du hast ein kluges und weites Herz. Ich hoffe, er weiß das zu schätzen.
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krass…
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gefällt mir!
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Mein eher unerfahrenes Herz führte dazu, daß ich (an seiner Stelle) eine Therapie brauchte. Dort erfuhr ich, daß eine solche Bindungsunfähigkeit sehr früh entsteht und eigentlich Verlustangst ist. Was kann man anderes dagegen tun, als zuverlässig da zu sein? Wenn man seine Glücksmomente auch anderswo finden kann und zudem ein kluges, weites und starkes Herz hat, könnte das gehen.
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