zermatt

 

Das satte Plocken der Sicherung im Kasten. Ein Anruf und der Argentinier eilt, die Sache zu richten. Plock, die zweite Sicherung. Dunkelheit nun auch im Flur.

Später im Lichtschein der Taschenlampe betrachte ich das Toilettenpapier mit den kleinen aufgedruckten Walen darauf und ihren Spundlöchern (heißen die so?) aus denen blaue Fontänen sprudeln und ich denke: Zermatt. Zermatt als Adjektiv. Irgendetwas zwischen erschöpft, zerstört und matt, aber positiver, zuversichtlicher, weil der Gipfel des Berges (Matterhorn) nicht weit, der Abstieg einfacher sein und die Zerstörung sich dann doch nur als tiefe Erschöpfung erweisen wird, als ein Ausgehöhltsein, eine Grube, die bald schon zum erfrischenden Badesee, in dem der Himmel sich spiegelt, sich füllen wird. Bilder, Bilder. Helfen fast immer.

Jeden Morgen horchen wir auf Geräusche im Treppenhaus. Heute ist es soweit. Der Briefträger ist früh dran und bringt ein 16-seitiges Gutachten. Das erste und das rechtlich maßgebliche von zweien.

Zufällig feiert der mürbende Rechtsstreit in diesen Tagen seinen ersten Geburtstag. Ich bin gespannt mit welchem Geschenk man mich von der Gegenseite bedenken wird. Beinahe bin ich sicher, dass Frau Kleyngeyst, meine behördlich zuständige Peinigerin, schon an der nächsten Schikane tüftelt, die sie mit unhaltbaren Behauptungen und unpassenden Paragraphen versehen wird, um meinen Anwalt und mich zu beschäftigen. Immer neue Stöckchen hält sie uns hin, über die wir im Rahmen der vorgegebenen Verwaltungsabläufe springen müssen, ohne die Contenance zu verlieren (und ihr wohlverdient in ihre saudumme Visage zu schlagen) obwohl diese schon auf den ersten Blick als dummdreist und nichtig zu erkennen sind. Wenn die Nazis wiederkommen, so denke ich manchmal, dann wird Frau Kleyngeyst in der ersten Reihe marschieren und mit ausgestrecktem Zeigefinger auf mich deuten. Sie wird die Sonderbeauftragte für unwertes Leben werden, für Schädlinge und Schmarotzer am deutschen Volkskörper. Sie wird ihre Sache gut machen, das Soll übererfüllen und später wird sie aufsteigen zur Gauleiterin in Sachsen-Anhalt.

Heute aber wehren wir uns noch mit vereinten Kräften, vertrauen auf Recht und Gesetz und mein Anwalt, den Frau Kleyngeyst inzwischen nicht mehr bei seinem Namen nennt, sondern auf wenig subtile, neodespektierliche Weise als den Herrn Rechtsanwalt anschreibt, hat vorsorglich eine vollstreckbare Ausfertigung des gerichtlichen Vergleiches besorgt. Wir sind gewappnet.

Leider hat unterdessen meine hochgradig alarmierte und auf Touren gebrachte Immunabwehr sich mal wieder auf die unsinnige Bekämpfung der körpereigenen Zellkerne verlegt. Das innere Ordnungsamt putzt mit blindem Eifer und viel zu scharfen Mitteln, bis alles wund und weh ist. Am Morgen habe ich Fieber, zum Einschlafen friere ich bis auf die Knochen. Die Lunge, immer die Lunge.

Den Bekannten haben die Monate auf eine ganz andere Weise müde gemacht. Hinter seinen Büchern und dem Rechner verschanzt sind ihm Mimik und Wärme abhanden gekommen.
Es wird Zeit, dass Frühling wird und der Schnee auf dem Matterhorn schmilzt.

 

 

 

 

 

 

 

14 Kommentare zu “zermatt

  1. Vielleicht wechselt die Sachbearbeiterin. Wenn nicht, sehe ich schwarz. Mich hat eine solche verfolgt, als ich 20-22.Jahre alt und krank war. Sie hatte gelbe Augen vor Bosheit. Hilflos saß ich vor ihr, ein Nichts.
    Vielleicht wäre es klug umzuziehen und damit auch die Zuständigen auszuwechseln. Zum Beispiel nach Zermatt. .

    Like

  2. Und diese Tante heißt tatsächlich Kleyngeyst? Ich wohne in Sachsen-Anhalt, und nein, so etwas dulden selbst wir hier nicht!

    Like

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..