Kurze Frage

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Ist das eigentlich normal, ich meine, muss ich es ab sofort als gesellschaftliche Norm und somit als völlig okaaaay betrachten, dass niedliche Kleinkinder in zauberhafter Elfenbekleidung mitten auf dem Gehweg ihre Kindheit ausleben, dort sitzen, liegen, süß gucken, mit Kreide den Boden bemalen, Ameisen unter dem kleinen Daumen zerquetschen, Kippenstummel zählen, eben alles was so ansteht in einer urbanen Kindheit, dabei immer umrundet sind von ihrer begeisterten Familie und deren fancy Freunden, die das Kleine bei seiner gutgekleideten Menschwerdung fotografieren, es filmen und ermuntern Ei! und Winkewinke zu machen und es für vollkommen selbstverständlich halten, dass alle anderen, jener unsichtbare Plebs nämlich, der den Gehweg üblicher- und profanerweise als solchen zu nutzen gewohnt ist und zu stumpf und blind ist, um dem allergroßartigsten Kleinkind Bewunderung zu zollen, auf die Straße auszuweichen hat, damit die Prinzessin oder der kleine Rocker ungestört performen und sich frei entfalten können?

 

 

 

 

Antwort an mich selbst: ja, es ist.

 

 

 

 

 

Bild: flickr, Minoru Karamatsu, Early 1970
Lizenz: https://creativecommons.org/licenses/by/2.0/

45 Kommentare zu “Kurze Frage

  1. ein geniales Bild zu einer berechtigten Frage, die ich nur mit ja und nein beantworten kann, ja,, weil ja klar geht es um die freiheitliche Entfaltung, nein, es gibt auch andere und damit Grenzen. Hej ja, thats life und life ist keine Wünsch-dir-was-Kiste …
    herzlichst
    Ulli

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        • Verstehe. Dann erleben wir die Lage ähnlich. Schwer auszuhalten manchmal. Ich merk das bei den Jobbewerberinnen auch schon. Die sitzen breitbeinig da und sagen: ich. Wer „Wir“ ist interessiert die Meisten gar nicht.

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          • Das allerdings kommt mir/ unserer Generation inzwischen zugute: da viele Arbeitgeber das inzwischen so festgestellt haben ist man auch mit mehr Jahren auf dem Buckel nicht mehr so abgehängt wie noch vor 10 Jahren!
            :-)

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      • Zumal diese niedlichen gottesgeschenkekinderelfen eines Tages darüber entscheiden werden, ob man einer 70jährigenvperson noch ein neues Knie einbauen darf und ab welchem Alter die Herzschrittmacher im Dienste der Gemeinschaft abzuschalten sind…..
        Aber das war immer so….

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        • Genau sowas denke ich auch. wer wird in der Zulunft soziale Aufgaben übernehmen, wenn es nur Me, myself & I gibt. Und wer wird noch einsehen, dass andere auch Bedürfnisse haben und dass man beispielsweise die gesetzliche KV zahlt, damit die Kranken davon behandelt werden. Man möchte sie nicht in der MEhrheit wissen, diese in Grund und Boden egomanischen Kinder.

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      • Es sind nicht die Gören, die mich nerven – es sind deren Eltern und die fancy Freunde, die mit ihrer Kind-Überhöhung ihre eigenen Kindheiten nachträglich in glückliche verwandeln wollen. Das ist Mißbrauch. Diese Kinder werden mit einer doppelten Botschaft groß – geförderte Egozentrik und Benutztwordensein – und die Zahl der Stunden, die sie später auf der Psychotherapeuten-Couch verbringen werden, kann man sich heute schon ausrechnen.

        Die da heranwachsende Generation hat viel zu wenig unbetreute Zeit, zu wenig Spiel-Zeit alleine, ohne Erwachsene, unter anderen Kindern. Kinder untereinander würden das mit der Entfaltung und den Grenzen schon regeln, aber hallo.

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        • Mir wurde die Geschichte von einem Kind im Bekanntenkreis erzählt, dass niemals Angst erleben soll. Deswegen bringen beide Eltern das Kind ins Bett und bleiben beide bei ihm, bis es eingeschlafen ist, was dauern kann, denn das Kind ist voller Angst. Andere Menschen dürfen das Kind nicht ins Bett bringen, dann schreit es, weil es Angst hat. Inzwischen ist es eine Mischung aus Angst und Lust an der Macht, mit dem das Kind seine Eltern dirigiert und tyrannisiert. Mir tun alle Beteiligten Leid. Wie soll das Kind durchs Leben kommen, wie wollen die Eltern sich das je verzeihen…

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          • Weia. Ob man diese Eltern mal mit einem Standardwerk gewaltfreier Erziehung vertraut machen sollte, es ihnen notfalls von außen auf den Kopf haut?

            Eine meiner Freundinnen mit einem sehr angsterfüllten Kind steckte das abends nicht allein ins dunkle Bett, sondern kuschelte es in die Bettdecke und hatte es in der fröhlichen lauten Tischrunde bis zum Einschlafen auf dem Schoß – mit dem Zauberwort Jetzt ist Erwachsenenzeit. Eine andere Freundin ist ein besserer Mensch, wenn sie mittags eine Stunde schläft, sie hat ihre Kinder unter erschwerten äußeren Umständen bekommen und großgekriegt. Aus verrückten Gründen war ihre Grenze, daß sie mittags nur dann gestört wird, wenn das Haus abbrennt o.ä., mühelos durchsetzbar – auch schon, als die Kinder noch winzig waren.

            Es sind die fehlenden Grenzen der Erwachsenen, nicht die der Kinder.

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      • Die heute 50jährigen wurden mit Hilfe von Johanna Haarer (‚Die Mutter und ihr erstes Kind‘ war noch in den 70ern in so gut wie jedem Haushalt zu finden, es wurde 1987 das letzte Mal aufgelegt) und den Ausläufern der Schwarzen Pädagogik erzogen. Sie baden nicht selten auch die Kriegstraumata ihrer Eltern aus und haben sie fröhlich an die nächste Generation weitergereicht.

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  2. Gebt dem Kind eine Wiese! Und den Eltern und anderen noch Hobbys die ohne Handy gehen, dann reicht es, wenn jeweils ein Mensch auf das Kleinkind aufpasst. Früher spielten die Kinder auch miteinander. Jetzt beobachte ich aber auch schon Grundschulkinder beim Selfie- fotografieren. Und im Museum in Köln haben sich junge Menschen letzte Woche jeweils mit Skulptur aufgenommen, ohne diese überhaupt richtig angeschaut zu haben. Was passiert da gerade?
    Böse gesagt: Leihe Dir einen Rollator/Rollstuhl und teste ob die Erwachsenen Platz machen und das Kind entsprechend lehren.

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    • Meine Beobachtung: sie machen auch keinen Platz für Rollstuhlfahrer oder für Alte mit Stock. Es gibt ja keine Außenwelt mehr, es gibt nur die Keimzelle der Familie.
      Ich glaub auch, dass es auf dem Land anders ist.

      Diese Selfies. Auch so ein Thema…

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    • Klar ist das subjektiv, doch wir sind halt Subjekte. Und ich möchte so geren den halben Meter Gehweg nutzen können, um nach Hause gehen zu können und nicht eine großen Bogen um eine zur Schau gestellte Familienidylle machen und dafür auf die Straße ausweichen.
      Mich beruhigen die Antworten hier sehr.

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      • Natürlich sind wir alle Subjekte. Und den Kindern wird kein Vorwurf gemacht. Die müssten ja mit dem so arg strapazierten Klammerbeutel gepudert sein, wenn sie nicht genau das haben wollten, was alle großen sich erträumen. Mich beruhigen diese Antworten hier nicht so sehr.

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  3. Das „immer umrundet von…“ macht mir Sorgen. Ansonsten habe ich das alles als Kind wahrscheinlich auch gemacht – und bin dabei mahnenden Erwachsenen möglicherweise nur unwillig ausgewichen – aber eben mit meinen Freundinnen und ohne Haus-, Hof-, und Leibfotograf.

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    • Jedes Kind macht das so, schätze ich. Dann kommen die Eltern und erklären ihm: Guck mal, die Dame möchte hier entlang gehen, mach mal ein bisschen Platz.
      Und die Dame sagt dann: Oh vielen Dank! und lächelt Kind und Mutter an.
      Das Kind lernt, dass auch Andere Bedürfnisse haben, de Mutter und das Kind wurden belohnt durch ein entzücktes Lächeln und die Dame kommt von A nach B und hat noch im Bus sitzend das Gesicht des niedlichen Kindes und seiner freundlichen vor Augen. Wahrscheinlich wird sie nicht lernen, diese Mütter so unangenehm zu finden wie ich.
      So mag ich das.

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      • Ja, der Unterschied ist: wir waren vielleicht auch nicht glücklich, wenn wir unser Spiel unterbrechen und zur Seite gehen mussten, aber wir haben es gemacht, weil wir eben gelernt hatten, dass die Straße für alle da ist.

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  4. »Guck mal, die Dame möchte hier entlang gehen, mach mal ein bisschen Platz.«

    Alles eine Frage der Perspektive. Und ich liebe die Perspektive, wenn ich mal wieder meine kleine Flucht nach Berlin unternehme und am Prenzlauer Berg vor meiner Lieblings-Weinstube sitze. Dann schiebt die Dame ihren Hi-Tec-Kinderwagen wie wie einen Raketenwerfer der Infanterie-Nahunterstützung vor sich her und nicht nur die Kinderlein sollten besser schnell beiseite springen. Oder terrorisiert – um potentiell den größtmöglichen Schaden anrichten zu können – mit einem biologisch abbaubaren Fahrrad und einem grotesken Kindertransportaufbau die Bürgersteige. Ich als Provinzler warte jedesmal gespannt auf Kampfhandlungen.
    Der bemerkenswerte Unterschied zwischen »gewaltfreier Erziehung« der Brut und eigenem Auftreten im öffentlichen Raum.

    »Meine Beobachtung: sie machen auch keinen Platz für Rollstuhlfahrer oder für Alte mit Stock.«

    Das habe ich sowohl in Neuköln wie auf dem Dorfe auch anders gesehen. Kann es sein, daß es auch ein wenig damit zu tun hat, was man sehen möchte? Kinder weichen erst einmal automatisch bestehenden Hindernissen aus. Wobei sie zugegebenermaßen keine weltanschaulichen Unterschied zwischen einer Parkuhr und einem Rollator machen.

    Aber grundsätzlich ist es natürlich so, daß unsere Kinder schnell Gefahr laufen, Spiegelbild der bestehenden gesellschaftlichen Verhältnisse zu werden. Das geschieht langsamer, als es die Erwachsenen glauben beobachten zu können, weil es eben Kinder sind. Die Beobachtungen der Erwachsenen und der tatsächliche Zustand der Kinderwelt sind aber naturgemäß nie deckungsgleich, weil bei uns Wissen in die Beobachtung mit hinspielt, über das die Kinder nicht verfügen.

    »[…] sondern weil es mir vor der Generation graut, die da heran wächst.«

    Mir nicht. Mir graut vor der bestehenden Generation. Ich hoffe auf die Kinder.

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  5. Die sind nicht schlimmer oder besser als die Generation zuvor. Ich habe im Bekanntenkreis meiner Söhne schon ekelhafte Kinder zu bezaubernden Teenies heranwachsen sehen (und umgekehrt). Die nächste Generation wird allerdings nicht fähig sein, einen Weltkrieg zu beginnen, das wäre zu anstrengend.

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    • Ich gehe davon aus, dass Sie sich in einem einigermaßen zu Ihnen passenden Umfeld bewegen. Insofern erstaunt mich nicht, dass die ekelhaften Kinder sich zu bezaubernden Teenies entwickelt haben. Die Eltern, die ich hier versuche zu beschreiben, scheinen mir eine ganz andere Herangehensweise an ihre Umwelt zu haben, die sie an ihre Kinder weiter geben. Insofern teile ich lieder nicht Ihre Zuversicht, dass sich das Alles schon verwachsen wird. Bei den einen ja, bei den anderen nein. Gleichzeitig wünschte ich mir, dass Sie Recht behalten. Wir werden sehen..

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  6. Für mich als empathischen Vogel veränderte sich alles. Ein Kind verletzte sich leicht beim Rollerfahren auf der Straße. im Gespräch mit einer Mutter wollte ich deshalb hinzueilen. Die Nachbarin meinte aber: für andere Kinder interessiere ich mich nicht!

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    • Ich lese schon lange still bei Dir mit und hätte mich über jede andere Antwort von Dir gewundert. Du gehörst, glaube ich, nicht zu den Eltern, die ich hier beschreibe. Entsprechend sind Deine Kinder dann eben auch nicht so gebahnt.
      Vielleicht lebe ich einfach im falschen Kiez.

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  7. Bei uns gibt’s das nicht. Dafür Kinder auf dem Spielplatz, die große, hungrige Augen kriegen, wenn ich eine Banane für meine Jungs raushole. Und aus irgendeinem Fenster brüllt es dann: Du sollt doch nichts von Fremden annehmen, du kriegst doch zu Hause genug zu essen. Da heul ich fast. Ansonsten: Nimm die Kinderinszenierungen als kostenloses Straßentheater.

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  8. Ich sehe den Artikel erst jetzt und ich habe mich zugegeben nicht durch alle Kommentare gelesen, außerdem kann ich definitiv nicht für Berlin sprechen, sondern nur von hier. Kann sein, dass bei euch alles nochmal eine andere Dimension hat.

    Aber es ja, scheint normal(er) zu werden und nein, man muss das nicht okay finden. Ganz im Gegenteil, freie Entfaltung ist okay und erwünscht, so lange man keinem anderen schadet und während die Kinder das jetzt noch nicht tun (und wenn dann ohne Absicht), könnten sie dazu in dieser anerzogenen Selbstzentrierung im späteren Leben, völlig egal ob als Verkehrsteilnehmer oder im Beruf, durchaus mehr oder weniger bewusst oder aus Risikofreude fähig sein.

    Aber es gibt auch andere: Letztens trieb ein Kindergartenkind seine auf der Straße mit Kreide malenden Kumpel und Kumpelinen in sichtbar nicht ganz billigen Klamotten, das heißt hier von „besser gestellten“ Ego-Eltern, die schon die Sprösslings-Karriere planen, mit dem Satz Geht mal weg, sonst kommen die Leute nicht durch zur Seite, damit eine Gruppe radelnder Senioren nicht extra abteigen und einen Umweg schieben musste. Ich durfte mit meiner Gehhilfe auch noch durch. Es besteht also immer auch Hoffnung ;) (Ich meine Hoffnung nun nicht ironisch.)

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