Zirpende Zikaden

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Ich stehe mit Töle auf dem Feld. Eine Frau kommt den ausgetretenen Weg entlang. Neben ihr ein alter Schäferhund mit lahmen Hinterläufen. Zwischen den Zähnen trägt er eine blassgelbe Frisbeescheibe.
Genau hier wolle sie jetzt leider mit ihrem Hund spielen, sagt die Frau mit selbstbewussten Lächeln und leicht brüchiger Stimme. Sie ist inwischen nahe heran gekommen und steckt mit einer umfassenden Armbewegung das beanspruchte Gebiet ab. Jeden Tag käme sie hierher, ihr Hund sei das so gewohnt, begründet sie in merkwürdig amüsiertem Ton ihre Forderung.
Durch den Starkregen der vergangenen Nacht hat sich auf der torfigen Brache eine große Pfütze gebildet, aus der Töle mit staksigem Schritt Stöcke und Halme fischt. Es ist sengend heiß und ich bin froh um diese Abkühlung für sie.
Ich schaue die Frau an und mein Mund öffnet sich. Das heisst, ich soll abhauen, höre ich mich sagen. Mein Ton ist kalt. Sie nickt, lächelt schulterzuckend dazu und erinnert mich dabei an jemanden, doch ich komme nicht darauf (an wen).
Auf dem Absatz drehe ich mich um und gehe. Ein ungeheurer Ärger steigt in mir auf, ein Gefühl stark und lodernd wie Hass. Ich sollte zurück gehen, denke ich, und ihr einfach eine runterhauen. Mitten in ihr arrogantes, dummes Gesicht. Wieso habe ich den Platz überhaupt geräumt. Ich hätte bleiben sollen. Töle folgt mir ein wenig ratlos und mit aufmerksam erhobenem Kopf.
Dan-keee!, ruft die Frau uns hinterher und ihr Ton klingt jetzt betont unkompliziert und frisch, als wolle sie nun mich durch ihre nachsichtige Freundlichkeit ins Unrecht setzen. Wütend gehe ich weiter. Was ist bloß los mit mir? Wieso ärgere ich mich derart über eine irre Alte.
Bei dem nächsten Schuppen setze ich mich ins Gras und blicke auf den See, der silbern zwischen den Bergen liegt. Noch immer bin ich so in Rage, dass es mir schwer fällt ruhig zu atmen und einen anderen Gedanken zu fassen. Unterdessen springt Töle über die Wiese und wälzt sich hier und da. Plötzlich macht sie einen Satz und fängt an wie wild zu buddeln. Ich pfeife sie zurück. Keine Mäuse.
In der Ferne höre ich die Frau, wie sie ihrem Hund etwas zuruft. Wahrscheinlich hat er  die Scheibe nicht apportiert und sie muss sie jetzt selbst aus dem Matsch klauben. Ich versuche nicht hinzuhören und konzentriere mich stattdessen auf das Zirpen der Zikaden.

Vor vielen Jahren machten der Fernsehmoderator und ich in Südfrankreich bei einem Landhotel Halt. Wir schienen die einzigen Gäste an diesem abgelegenen Ort zu sein, denn der Parkplatz vor dem Haus war leer und beim Abendessen saßen wir allein auf der großen Terrasse mit Blick auf eine verdorrte Ebene. Schnell leerten wir die Karaffe mit dem Hauswein und orderten eine zweite, doch die Gegend wurde nicht schöner dadurch.
Wir stellten uns vor, es erginge uns wie dem Paar in dem Film, den wir kürzlich gesehen hatten, und die, genau wie wir, in einem einsam gelegenen Hotel abgestiegen waren. In der Nacht, wenn wir schliefen, käme ebenso eine Ambulanz, die uns beide, vollkommen benommen und wehrlos vom, mit Schlafmittel versetzten, Rotwein, einlud, uns zu einer Privatklinik brächte, wo man uns, jung und gesund wie wir waren, ausweiden würde, um das Leben schwerkranker reicher Kunden mit unseren frischen Organen zu verlängern.
Uns gruselte derart bei der Vorstellung, die uns mit jedem Schluck, den wir nahmen, immer realistischer erschien, bis sie sich gegen Ende des Essens zu grausiger Gewissheit verdichtet hatte. Wir beschlossen, dem harmlosen Getue des Personals keinen Glauben zu schenken, und  die Nacht über wach zu bleiben.
So lagen wir später nebeneinander im Bett, starrten an die Decke und lauschten dem betäubenden Konzert der Zikaden, deren Gesang mit jeder Minute bedrohlicher wurde und dessen Eintönigkeit uns zugleich schläfrig machte.
Ob wir uns noch ein letztes Mal lieben wollten, schlägt der Moderator nach einer langen Weile vor und ich willige ein.
Er beginnt mich zu küssen und seine Hände fahren langsam meinen Körper entlang. Auch ich schiebe meine Hand zu ihm herüber und spüre seinen warmen Körper. Wir küssen und berühren uns immer leidenschaftlicher, der Moderator beginnt schneller zu atmen und sein Griff wird fordernder. Da blitzt für einen kurzen Moment das Bild einer Nierenschale vor meinem Auge auf, darin ein paar Fleischbrocken in dunkelrotem Blut.
Was ist los? fragt der Moderator. Nichts, antworte ich.
Draußen ist es längst dunkel geworden und das Zirpen der Zikaden hat sich zu  ohrenbetäubender Lautstärke gesteigert. Oder ist es die Wirkung des Weines und die Erwartung eines Unglücks, die unsere Sinne überempfindlich macht und jedes Geräusch bedrohlich erscheinen lässt?
Jedenfalls fürchte ich mich.
Der Moderator rollt sich auf den Rücken und seufzt.

Wir sind fertig. Sie können jetzt wieder zurück kommen!
Aus dem Augenwinkel sehe ich, dass die Frau sich mir auf etwa fünfzig Meter genähert hat. Ich blicke weiter geradeaus und tue, als hätte ich sie nicht bemerkt. Doch sie scheint auf eine Antwort zu warten und macht keine Anstalten zu gehen.
Auf gar keinen Fall werde ich sie anschauen, denke ich und konzentriere mich wieder auf den Gesang der Zikaden.
Irgendwann ist sie verschwunden und ich kann den Rückweg antreten.

 

 

 

 

 

28 Kommentare zu “Zirpende Zikaden

  1. Sie können jetzt wieder zurück kommen, was für eine feine Gnade!
    Im Ernst, ich verstehe deinen Ärger gut. Die Alternative wären wahrscheinlich bitterböse Rangspielereien gewesen, nach dem Motto: Wollen doch mal sehen…
    (da fällt mir der Spruch ein: der Stärkere gibt nach)-

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    • Merkwürdigerweise gab es in dem Moment gar keine Alternative für mich.
      Ich konnte mich dem Willen der Frau nicht widersetzen.
      Aber Du hast Recht. Es hätte leicht auf Rangspielereien hinauslaufen können.
      Ich habe leider nicht aus Stärke, sondern in diesem Fall wirklich aus Schwäche nachgegeben.

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  2. Ein klassischer Treppenwitz. Geht mir auch oft so, dass ich danach besser weiß, was ich gesagt oder getan haben könnte. Natürlich wäre die richtige Erwiderung auf die Aussage, das sie jetzt „leider“ mit ihrem Hund hier spielen wolle, gewesen, dass sie es doch einfach tun solle, oder auch einfach nichts. Denn es war ja keine Bitte oder Frage, die eine Antwort verlangt hätte. Aber Du hast vermutlich in Sekundenbruchteilen die kausale Kette hergestellt: Frau will mit Hund spielen und erwartet, dass das (warum auch immer) einen alleinigen Anspruch auf die Nutzung eines (vermutlich) öffentlichen Raumes impliziert. Der Schluss, den Du ziehst, ist ein Hinweis auf eine Konfliktvermeidungsstrategie, die Du eigentlich ablehnst, weshalb Du Dich sofort danach schlecht fühlst. Der aufkommende Ärger richtet sich nach innen, anstatt nach außen. Auch die zweite Möglichkeit, der Alten (verbal) eine runter zu hauen, lässt Du verstreichen. Stattdessen versuchst Du, sie mit Ignoranz zu strafen, vermutlich in der Hoffnung, etwas wie ein schlechtes Gewissen in ihr zu wecken.
    Sagt der nicht ganz ernst zu nehmende Hobbypsychoanalytiker ;-)

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    • Die Bitte bzw. die Anordnung lag in ihrem Ton. Als ich sie fragte, ob ich abhauen solle nickte sie ja dann auch.
      Mich erstaunte vor allem meine beinahe heillose Wut, dieses Ohnmachtsgefühl und die Gewaltphantasie, die sich daraus ergab.
      Ich hatte wirklich für einen Moment das Bedürfnis ihr physisch weh zu tun. Erschreckend.
      Später wandelte sich dieses Bedürfnis und ich dachte darüber nach, wie ich sie beim nächsten Treffen abwerten könne, eine abfällige Bemerkung machen könnte o.ä.
      Dann kam es doch ganz anders.

      Du machst Dich gut als Analytiker :)

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      • :)
        Ich glaube wirklich, dass ihr Hund eine Hundeallergie hat.
        Allerdings ist es schon erstaunlich, dass sie genau auf „unserer“ Brache mit ihm spielen musste, wenn man bedenkt, dass es etwa 5 gleichgroße Flächen nebeneinander gibt, die jeweils durch ein paar Hecken teilweise voneinander getrennt sind, und die Fläche, auf der wir spielten, wegen der riesigen Pfützen, zum Apportieren einer Frisbeescheibe besonders ungeeignet war.
        Dazu kam, dass ich seit fast 3 Wochen jeden Tag um die gleiche Uhrzeit diesen Feldweg entlang ging und die Frau, die behauptete ebenso jeden Tag zur gleichen Zeit dort zu sein nie zuvor gesehen hatte.
        Tja, wer weiss, was in ihr vorging…

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    • :)
      Ich glaube wirklich, dass ihr Hund eine Hundeallergie hat.
      Allerdings ist es schon erstaunlich, dass sie genau auf „unserer“ Brache mit ihm spielen musste, wenn man bedenkt, dass es etwa 5 gleichgroße Flächen nebeneinander gibt, die jeweils durch ein paar Hecken teilweise voneinander getrennt sind, und die Fläche, auf der wir spielten, wegen der riesigen Pfützen, zum Apportieren einer Frisbeescheibe besonders ungeeignet war.
      Dazu kam, dass ich seit fast 3 Wochen jeden Tag um die gleiche Uhrzeit diesen Feldweg entlang ging und die Frau, die behauptete ebenso jeden Tag zur gleichen Zeit dort zu sein nie zuvor gesehen hatte.
      Tja, wer weiss, was in ihr vorging…

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    • Die Zikaden, die zur Familie der Schnabelkerfen gehören, sind beinahe überall auf der Welt verbreitet. Sogar in Oberbayern. Singen tun allerdings nur die Singzikaden. Sie benutzen dazu ihren Singmuskel und Schallplatten (wirklich).

      Interessant ist auch folgendes:

      „In den USA leben Singzikaden, die sich nur alle 13 oder 17 Jahre paaren. Beispielsweise verlässt die amerikanische Magicicada septendecim erst nach genau 17 Jahren ihr unterirdisches Versteck, um sich in einem Zeitraum von etwa drei Wochen zu vermehren. Die aus den Eiern schlüpfenden Larven leben unterirdisch, bis sie wiederum in 17 Jahren fast taggleich an die Erdoberfläche kriechen. Warum sie erst nach 17 Jahren aus ihrem unterirdischen Versteck krabbelt, hat ein chilenisch-deutsches Forscherteam herausgefunden. 13 und 17 sind Primzahlen. Da ihre Feinde und Konkurrenten meist in 2-, 4- oder 6-Jahres-Rhythmen leben, können die Zikaden ihre Überlebenschancen steigern, indem sie sich in den „geburtenschwachen“ Jahrgängen ihrer Fressfeinde fortpflanzen. Während ihres kurzen oberirdischen Lebens von Mitte Mai bis in den Juni richten die Zikaden trotz ihres massenhaften Auftretens keine Schäden an.“

      (Quelle: Wikipedia)

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  3. liebe chronistin, als kind von 7 oder 8 jahren glaubte ich beim fernsehen, die cowboys werden wirklich im film erschossen. verwundert sagte ich dann auch meinem papa beim näxten western, wieso spielt der und der noch mit, er ist doch im letzten western erschossen worden.
    erst da erzählte der papa, im film stürben die schauspieler nicht wirklich, es sei alles nur spiel.
    daran kann man sehen, welche phantasien ein guter film auslösen kann, bei kindern wie auch bei dir und dem moderator.
    war es der film „fleisch“ mit jutta speidel? der lief in den 70ern im deutschen tv und war in der tat recht gruselig. organmafia und viel geld.

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    • Ging mir ähnlich wie Dir, mit dem Fernsehen und der Realität. Früher schaute ich Aktenzeichen xy und wunderte mich, dass sie erst die Verbrecher seelenruhig bei ihren Taten filmen und sie später suchen, statt sie gleich zu verhaften, am besten ehe sie gemordet haben.

      Es kann der Film „Fleisch“ gewesen sein. In meiner Erinnerung spielt das ganze in Frankreich, oder verwechsle ich da was?
      In den 70ern haben der Moderator und ich ihn sicher nicht gesehen. Kann aber eine Wiederholung gewesen sein. Jedenfalls habe ich bis heute Bilder davon im Kopf.

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  4. Die Frage dabei ist ja nun wirklich: warum ärgere ich mich dermassen (also du), wieso zucke ich (wieder du) nicht mit der Schulter und gehe meines Weges, lasse Frau und Hund mit Frisbeescheibe Frau und Hund mit Frisbeescheibe sein? Da scheint etwas tiefer zu liegen. Ja, will man denn gegängelt und vertrieben werden? Nein. Aber wie ist es mit dem Raum, den die andere für sich beansprucht, sorgt sie nicht für sich? Doch tut sie, aber auf Kosten von anderen und genau da würde auch mein Ärger beginnen …
    herzliche Sonntagsgrüsse
    Ulli

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    • Am nächsten Tag traf ich die Frau wieder.
      Sie fuhr mit dem Auto an mich heran, als ich gerade, wie jeden Tag, auf dem Weg zum Feld war. Aus dem geöffneten Fenster sprach sie mich an. Ich bin´s, sagte sie. ich habe Sie schon gestern vertrieben und jetzt bin ich wieder auf dem Weg zum Feld.
      Aha, sagte ich.
      Das tut mir wirklich leid, sagte sie kopfschüttelnd und lachte.
      Ich sagte ihr, sie könne ja schon mal ein paar Minuten mit ihrem Hund spielen, bis ich käme. Dann würden wir beide uns das Feld mit der Pfütze teilen müssen.
      Sie lachte irritiert und beinahe ein wenig hysterisch auf.
      Als sie etwa zweihundert Meter vor mir mit dem Wagen hielt, ihren Hund aus der Box im Kofferraum ließ und Richtung Feld hastete, wusste ich plötzlich an wen sie mich erinnerte: an meine Mutter.
      Und auf einmal war mir auch klar, weshalb sie solchen Ärger in mir ausgelöst hatte.
      Ich nahm mir vor sehr freundlich zu sein, wenn ich sie auf dem Feld wiederträfe, doch als ich dort ankam war sie weit und breit nicht zu sehen.
      Meine Mutter ist jetzt knapp 4 Monate tot und immer noch da.

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      • Die Wandlung der Geschichte … und irgendwie auch seltsam, dass sie dann weit und breit nicht mehr zu sehen war-

        Die Mutter … sie wird immer da sein, manchmal leider, manchmal gut, manchmal mehr, manchmal weniger …
        hast du eigentlich das Projekt von Mützenfalterin mitbekommen? Es heisst „Mutterbilder“, sie sammelt Texte und Bilder zum Thema, vielleicht magst du dich ja auch beteiligen- Blog: https://tausendmutterbilder.wordpress.com/

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        • Seltsame Wendung, ja.
          Es führt nur genau ein Weg zum und vom Feld, und sie war nirgends zu sehen, ganz so als hätte sie sich in einem der Büsche versteckt, oder einen der alten Schuppen als Unterschlupf genutzt, um mir nicht noch einmal zu begegnen.
          Sie war ungeheuer aufgetakelt, für diese legere Unternehmung. So, wie meine Mutter auch aus dem Gang zum Briefkasten einen Auftritt mit Krone und Schleppe machte.
          Ich habe meine Mutter nur ein einziges Mal als alte Frau gesehen, da saß sie dement im Rollstuhl.
          Diese Frau so springlebendig und herrisch auf dem Feld zu erleben, liefert mir im Nachhinein ein Bild, das mir noch fehlte.

          Ja, ich habe das Projekt mitbekommen und wollte gerne etwas dazu beitragen. Nun bin ich nicht mehr so sicher, ob das eine gute Idee ist. Manchmal denke ich, ich muss erst einmal Gras über alles wachsen lassen, ehe ich mich dem Mutterthema, welches das große Thema meines Lebens und meine tiefste Wunde ist, wieder zuwenden kann.

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          • Das verstehe ich gut-
            wie ich gerade deins über deine Mutter mit Krone und Schleppe las, dachte ich unweigerlich an meine, mir scheint, dass wir da etwas gemeinsam haben! Für mich wurde sie auch erst menschlich, als sie schon sehr alt und klein geworden war, auf einmal konnte ich das verletzte Wesen sehen, das sie eben auch gewesen ist. Da wohnt mein Mitgefühl für sie, das andere ist mein inneres Mädchen, das sie verletzt hat und das nicht zu knapp … alles braucht eben seine Zeit, auch den Frieden mit der Mutter zu schliessen, ich bin mir nicht wirklich sicher, ob mir das bis hierher gelungen ist, obwohl ich schon so viele Runden mit ihr drehte-

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  5. Nun habe ich deinen faszinierenden Text und den fief greifenden Dialog mit Ulli gelesen und möchte das alles erst mal sinken lassen. Es ist ja ein Text über Projektion – sowohl die Rahmengeschichte mit dem Hund als auch die eingeschlossene mit dem Ausweiden der inneren Organe. Du hast in deinen Texten – und davon geht wohl ein Großteil der Faszination aus – immer solche Projektions- und Injektionsvorgänge, die zu einer Art magischem Realismus führen. Was du denkst – empfindest – womit du deine Vorstellung beschäftigst — es erscheint in der Außenwelt (Projektion), wird real. Dies Reale tritt dann seinerseits mit dir in Int

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  6. … weg ist der Kommentar. … Also: Dies äußere Reale tritt dann seinerseits mit deiner Innenwelt in Kontakt. Es kommuniziert mit dir, macht dich wütend, schockiert dich, wirkt in dir fort (Injektion). Oder weniger technisch: das Innere wird zum Außen und wirkt als Äußeres ins Innere. deine Mutter ist ein Inneres (aus der Phase der Alleinheit von Mutter-Kind), das ins Außen tritt, sowie du deiner selbst bewusst wirst….
    Zu der Episode mit der Frau selbst: im Griechischen heißt verzeihen synchoro (betont auf der letzten Silbe). Es setzt sich zusammen aus syn – mit, gemeinsam, choros – Raum. Miteinander in,einem Raum existieren können, zulassen, dass auch der andere da ist, so wie er ist — das ist die Bedeutung von synchoro, (verzeihen). In deinem Fall duldet die Frau deine Anwesenheit nicht – sie ist nicht bereit zu verzeihen. Das ist wiederum eine Projektion von dir: du versuchst auch gar nicht, deinen Platz (auch-Platz) zu verteidigen, du bist lieber wütend. als sie schließlich sagt „Das tut mir wirklich leid“ – nimmst du es nicht an. Aber sie verschwindet. Sie existiert nun nicht mehr in deiner Außenwelt.
    Ich hoffe, ich habe dir diesen wunderbaren Text jetzt nicht zu sehr zerflückt? Ich habe es getan wegen des lebensgeschichtlichen Hinweises, den du im Dialog mit Ulli gegeben hast. Vielleicht nützt es dir ja. Ganz liebe Grüße und eine dicke Umarmung! Gerda

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    • Danke für Deine klugen Kommentare, liebe Gerda!
      Mir ist i.d.R. nicht bewusst, warum ich was denke, asoziiere und schreibe. Deine Interpretation klingt schlüssig. Besonders gut gefällt mir, dass verzeihen „synchoro“ auf griechisch heisst, und die wortwörtliche Übersetzung so haargenau auf die Situation passt.

      Was die Entschuldigung der Frau anbelangt, so hätte ich sie angenommen, wenn es ihr wirklich Leid getan hätte. Sie entschuldigte sich aber und kündigte zeitgleich an, dass es auch am zweiten Tag genau so laufen werde: sie würde auf der Pfützenbrache spielen, ich müsse woanders Platz finden.

      Dass sie am Ende verschwunden war hat mich nicht nur irritiert, sondern auch traurig gemacht. Wir haben uns (mal wieder) verpasst.

      Herzliche Grüße!

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      • … Ich hatte, offenbar angeregt durch dieses gespräch mit dir und Ulli, heute Nacht einen Traum, der mir einige meiner eigenen Projektionen begreiflich machte….
        Was ich dir noch zu bedenken geben möchte: die Art, in der sie sich entschuldigte, ist selbst eine Projektion von dir – ebenso ihr Verschwinden, das dich traurig macht. Du willst ihr begegnen, sagst du, aber du willst es nicht unter den Bedingungen, die sie setzt. Du willst sie anders als sie ist. Und kannst sie, die nicht anders, sondern eben genauso ist, wie sie ist, daher nicht treffen. Synchoro heißt eben: es aushalten mit dem anderen im gleichen Raum zu sein. Du hast dich in der Begegnung, die fast Traumcharakter hatte, wegschicken lassen, aber du hättest natürlich auch dableiben können. du hättest es aushalten können, mit dieser Frau und ihren Ansprüchen auf demselben Feld zu stehen. Denn du bist kein kleines Kind mehr, sondern eine erwachsene Frau. Das bedeutet synchoro.
        Ganz liebe Grüße! Gerda

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  7. Pingback: Lesestoff • Ausgabe #9/2016 - Neon|Wilderness

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