Mit dem Sommer lässt sich vieles erklären. Zum Beispiel gute Laune, Musik und Nagellack. Üblicherweise naturbelassen leuchten die Nägel derzeit in Chanelrot oder in chicem Metallicblau /(Chic geworden durch eine chemische Reinigung)/, wie der alte 7er-BMW, der lässig an mir vorbeischippert, irgendwo in Mitte.
Vor dem Café Einstein am Gendarmenmarkt sitzt eine Brünette im kurzen cremefarbenen Kleid. Ihre Haut ist golden, Haare und Beine lang, und in den schlanken Fingern hält sie eine gelbe Rose. Neben ihr sitzt ihr Mann, lehmfarbener Anzug, hellblaue Seidenfliege, ein Geck durch und durch, und starrt jeder Vorbeistöckelnden mit unverhohlener Lust hinterher. Souverän übergeht seine Frau das unziemliche Verhalten und schlägt ihre Beine in vollendeter Anmut übereinander.
Eine Lotusblüte.
Als die beiden später in Richtung Französischer Dom davon gehen, läuft er drei Schritte hinter ihr und betrachtet genüsslich ihren runden Po, der sich unter dem leichten Stoff abzeichnet.
Lunsen will er, denke ich, heimlich, und nicht mit vertragsmäßiger Einwillligung.
Es ist viel zu einfach, wenn das Begehrte verfügbar ist.
Sie weiss das und sie spielt mit.
Ich erinnere mich, wie mich der Fernsehmoderator vor Jahren gegen den Arm knuffte, als ich einem Mann hinterherstierte, der mit federnden Schritten und schönen Unterarmen die Straße vor uns überquerte.
Wir saßen zusammen im Auto, es war Sommer und ich hatte meine nackten Beine auf dem Armaturenbrett abgelegt, mein Rock war nach oben gerutscht, die Bluse weit aufgeknöpft. Hin und wieder warf der Moderator einen Blick auf mich und seufzte, derweil ich die vorbeiflanierenden Körper bewunderte, deren sommerliche Haut meine Phantasie beflügelte.
So ähnlich geht es vielleicht auch dem Gecken, der, in der Blase seines Begehrens gefangen, gar nicht bemerkt, dass alle Welt ihn beobachtet.
Oder es ist ihm einfach egal, überlege ich weiter, und dieser Gedanke macht ihn mir auf einmal sehr sympathisch.
Musik zum Text: Katerine, Francis et ses Peintres – Je suis sex-appeal (J.Sablon)
(youtube Direktlink)
Toller Beitrag! Schönen Sonntag wünsche ich dir!
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Huch! Da finde ich eben gleich zwei Kommentare von Dir im Spam.
Das ist merkwürdig…
Entschuldige die verspätete Freischaltung und danke schön.
Passenderweise ist heute schon wieder Sonntag (wenn auch zwei Wochen nach Absenden Deines Kommentars).
Schönen Restsonntag Dir!
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Was ist denn wohl „Lunsen“?
Der Ausdruck ist mir ganz unbekannt.
:-)
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Das verstehe ich. Ist eine regionale Abwandlung des Verbes „linsen“. Spähen, gucken, verstohlen schauen. Manchmal geht mein ursprünglich süddeutsches Temperament halt noch mit mir durch. :)
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Dankeschön: hier im Ruhrgebiet nennt man es auch „spinxen“ ;-)
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Spinxen gefällt mir sehr gut.
Danke für die Ergänzung!
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„spinxen“ kenne ich auch aus Köln, es gefällt mir auch sehr gut.
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Klingt geheimnisvoller und weniger plump als lunsen.
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Einmal mehr ein Kleinod, dessen Fülle sich im eigenen Nachgehen offenbarend zum Und & Auch einlädt.
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Und wieder einmal freue ich mich über Dein aufmerksames Lesen. Danke!
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„Na, darfst mal schmulen“, grinste die Berliner backwarenverkäuferin, als ich ihr frühmorgens träumerisch in des
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Na, na? Wohin haste denn nu jeschmult?
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In ihr üppiges Dekolleté schaute. Hat das Verstohlene und auch den gemeinsamen Genuss daran in sich. Kommt bestimmt aus dem Jiddischen.
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Verstohlen ist auch so ein schönes Wort, und beim Schmulen sehe ich das leichte Grinsen im Gesicht, das genussvoll Einvernehmliche beinahe vor mir.
Schmulen und schmulen lassen- wunderbar!
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