Dancing Queen

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Als A. und ich uns kennenlernten, stellten wir fest, dass wir beide in der gleichen Stadt aufgewachsen waren. Da ich zwölf Jahre älter bin als sie, hätte ich sogar ihre Babysitterin sein können. Ich hätte ihr vorlesen, sie ins Bett schicken und sie an ihrem Geburtstag auf den Arm nehmen können, damit sie die Kerzen auf ihrem Kuchen hätte auspusten können. Diese Vorstellung erheiterte uns immer ganz besonders, denn die A. ist kräftiger als ich und überragt mich mit ihren 1,86 m noch einmal um ein gutes Stück. Wie viele große Frauen, die ich kenne, mich eingeschlossen, hat die A. ein Faible für Männer, die kleiner sind als sie. Dem Vater ihrer Kinder fehlt gleich ein ganzer Kopf, um mit ihr gleichzuziehen. Was andere über sie denken, ist den beiden, die zudem noch unterschiedliche Hautfarben haben, völlig schnuppe. Wenn sie Hand in Hand durch Kreuzberg laufen, geht sie im Rinnstein und ihr Angetrauter läuft oben auf dem Trottoir, so dass sie etwa auf Augenhöhe miteinander sind.

In der heimischen Küche teilen sie sich die Arbeit und nach dem Essen pflanzt der F. sich bei A. auf den Schoß, wo er den Rest des Abends sitzen bleibt, beide Arme um ihren Hals geschlungen.

Ich kenne niemanden, der besser tanzen könnte als die A. Außer dem F. vielleicht. Zusammen sind sie besser als Uma Thurman und John Travolta in Pulp Fiction. Man hält die Luft an, wenn sie zum Boogie grooven, nicht nur, weil sie sich so geschmeidig bewegen und ein so gutes Rhythmusgefühl haben, sondern vor allem auch, weil sie so offensichtlich Spaß miteinander haben. Weil sie sich so anziehend finden, dass die Funken sprühen, auch noch nach vielen Jahren die ihre Liebe nun währt.

Passenderweise arbeitet die A. in einer Beziehungsberatungsstelle. Ich bin sicher, sie macht ihren Job gut.

Bei dem Einen und mir hat sie es auch mal versucht. Zu kitten. Allerdings da, wo es nichts zu reparieren gab, weil alles in bester Ordnung war. Aber versuchen kann man es ja mal, sie ist eben ein Harmoniethierchen und sicher ist sicher.

Die A. leidet, wie ich auch, unter einem Wandertumor, der immer wieder und glücklicherweise nur temporär, an unerwarteten Stellen symptomatisch wird, um sich dann, völlig behandlungsunabhängig, wieder zurück zu ziehen und bis zum nächsten Ausbruch, der meist in Verbindung steht mit Stress und Disharmonie, irgendwo an unbekannter Stelle zu schlummern.

Seit einigen Jahren haben die A. und der F. Kinder. Einen Jungen und ein Mädchen. Während die A. blond und blass ist und der F. schwarze Haare und bronzefarbene Haut hat, sind beide Kinder rothaarig, sommersprossig und von blütenweißem Teint.

Da die A. nicht nur fantastisch tanzen und harmonisieren kann, sondern zudem noch einen guten Geschmack hat, hat sie den beiden Namen gegeben, die sich wohltuend abheben von den Modenamen ihrer Generation, dabei aber nicht exzentrisch und marktschreierisch, sondern still und schlicht und elegant sind.

Der Junge trägt zu meiner großen Freude den Namen des Einen, etwas, was die A. und mich auf eine weitere schöne Weise miteinander verbindet.

Ich mag sie wirklich sehr gerne, die liebe A.

 

 

 

 

 

 

Bild: HD Valentin, Tanzendes Paar
Lizenz: https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0/

17 Kommentare zu “Dancing Queen

    • Das liegt daran, dass ich gestern nach dem Auffahrunfall dachte, dass es jetzt reicht. Es wird Zeit sich den schönen Dingen des Lebens zuzuwenden. Tod und Verrat und Betrug waren gestern.
      Jetzt ist Freundschaft und Liebe und Frühling.
      Übrigens bin ich, auch wenn man es sich kaum vorstellen kann, insgesamt ein ziemlich vergnügter Mensch, mit viel Reserven für die Herausforderungen des Lebens, und ich erlebe viele schöne Dinge. Vielleicht schreibe ich zuwenig darüber, weil sie mir oft als naturgegebene Begleitmusik meiner Existenz erscheinen.
      Das ist falsch, und ich gelobe Besserung.

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  1. zur den Rothaarigen: Die Tochter einer lieben Verwandten, sehr hellhäutig mit Sommernsprossen und fabelhaften rotblonden Locken, macht ein interessantes Paar mit ihrem Opa, der aus der Karibik und kohlrabenschwarz ist.

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    • Zu Recht. Die A. ist eine tolle Frau und Freundin!
      (Geht mir bei Ihnen drüben auch immer so- Ihre Freundinnen scheinen ganz besonders tolle Menschen zu sein. So, wie Sie es zu Ihnen passt.)

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