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Als die Ergebnisse kamen war ich erleichtert. Die Blutwerte und die Gewebeproben zeigten Abweichungen. Was das bedeutete wusste ich nicht. Niemand weiß das, sagte mein Vater, es wird noch geforscht. Auf einem Benefizrennen mit motorisierten Betten war einiges an Geld dafür zusammen gekommen. Ich fand keinen Trost in dieser Vorstellung.

Den Untersuchungen vorausgegangen war eine Reihe von Ereignissen. Kleine Auffälligkeiten, eine Beobachtung des Hausarztes. Schließlich kam es zu dem entscheidenden Zwischenfall. Lähmende Erschöpfung hatte meinen Körper ergriffen. Einen nachvollziehbaren Grund dafür gab es nicht. Außer jenem, der auf der Hand zu liegen schien: ich simulierte. Meine Mutter war aufgebracht, als sie das sagte. Sie glaubte mir nicht. Eine Untersuchung sollte Aufschluß bringen.

Und Gnade dir Gott, wenn du nichts hast, sagte sie.

Bis heute betrachte ich in diesem Satz als den Beginn des Unheils. Er hat es nicht verursacht oder ausgelöst, das weiß ich. Es war schon da und wartete nur. Auch meine Mutter trägt keine Schuld daran, und doch ist es, als hätten ihre Worte alles zum Einsturz gebracht. Der dünne Boden, auf dem ich mich bewegte, gab nach.

Am Abend nach dem Zwischenfall lag ich im Bett. Es ging mir wieder besser, aber ich war voller Sorge. Um meinen Körper, um meinen geistigen Zustand, aber mehr noch um das, was geschehen würde, wenn man nichts fand. Niemand würde mir mehr Glauben schenken, nicht einmal mein Vater.

Vielleicht war ich wirklich krank im Kopf. Jemand, der Schmerzen hatte, wo eigentlich keine waren. Ob es so etwas gab?

Hoffentlich finden sie was, dachte ich beim Einschlafen.

Meine Bitte wurde erhört.

 

 

 

 

 

Bild: https://www.flickr.com/photos/cushmok/5381339842/in/photolist-c8nWxj-c8o2pS-c8nZSL-c8o1AN-diNsZa-73dHpB-5YGQmm-6HZEcD-sb5x2A-9cwLRq-rA1pSa-7zdkcq-mmQfuu-de1fcj-AF6DuH-aBKiTa-aBKiW2-aBKiYX-o7A7tT-aKo27Z-392gSg-7mLn9k-8sogxP-cFc7dL-mSWxUB-c8o6fY-ngBdNb-ngzi1e-85EB7h-rHEN2x-i6yVV8-czScVy-7LZC5V-c8o363-8CaZ3g-aBKj3g-aBKiQ8-BkciW1-ajkjKe-95WdER-97uX7e-iVhw4L-ft6AXp-9m4j14-73Zs7P-B48m33-dMZxD3-6Kn31x-pR4AUF-zSaNBu
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19 Kommentare zu “

    • Wenn man die beiden allerletzten Sätze des Berichts aufnimmt und verinnerlicht, wird deutlich wie verheerend, wie ausweglos die Situation gewesen sein muss. Ich komm da noch immer nicht durch: Du wünschst Dir die Pest, weil Deine Mutter die Cholera war/ist? Das kann doch nicht sein …

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      • Es erfüllt mich mit schaudern / und gleichzeitig denke ich: für jeden verdammten Scheißdreck braucht Mann & Frau heute eine Verifizierung einen Führerschein eine EsoNorm Nr. etc. / Aber auf Kinder Macht ausüben und sie unter obskuren Ansichten erziehen quälen kann jeder Depp und Seelisch selbst verkümmerter. Unglaublich / da läuft etwas grundlegend falsch.

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    • Der Satz markiert für mich eher den Wendepunkt in meinem Leben. Er ist eine Art Meilenstein. Etwas, was ich nie vergessen werde.

      Aber ich kenne sie natürlich auch, diese Sätze, die jahrelang schmerzen, bis man sich an ihnen aufrichten kann.

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    • Vielen herzlichen Dank!
      Das Schwierigste am Schneidern dieser Texte, um bei der schönen Metapher zu bleiben, sind die Abnäher. Wenn die nicht sitzen ist alles Murks.
      Es hat etwas sehr Befreiendes an diese Themen mit Konzentration und handwerklichem Ernst heranzugehen.

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  1. heile welt familien gibt es sowieso nicht – aber manche menschen sollten echt keine kinder in die welt setzten.

    und schließlich haben wir ja dann unser ganzes erwachsenleben um die ganze misere aufzuarbeiten und sich dabei zu transformieren.

    lange hat es gedauert – den eltern keine schuldzuweisungen mehr zu machen……war vieles nicht doll.

    nun liegt es an mir, was ich daraus mache.

    und ich hoffe, ich habe das muster durchbrochen und gebe es nicht an meinen sohn weiter. das war wirklich jahrelange harte arbeit.

    das ist doch schon mal ein schönes stück evolution :-)

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