Fernweh, Berufung, Helden und Zeit. Der Liebster-Award.

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Ganz unverhofft hat mich die liebe Frau Meertau für den Liebster-Award nominiert. Herzlichen Dank dafür!
Frau Meertau ist ein Frankforder Schlippsche, so wie ich, hat einen Hund, so wie ich, und ich wette es gibt noch jede Menge andere Gemeinsamkeiten zwischen uns. Ihr Blog jedenfalls lese ich sehr gerne. Der Mensch, der dahinter zum Vorschein kommt, ist mir sehr, sehr sympathisch.

Hier nun die Fragen und meine Antworten darauf:

1. In welchem Land würdest Du gerne ein Jahr verbringen und was tätest Du dort?

Ich möchte nicht mehr in ein anderes Land gehen, zumindest nicht für lange. Früher dachte ich immer ich muss weg. Eine Weile ganz woanders leben. Nach Frankreich, Italien vielleicht oder nach England, eine Zeit lang liebäugelte ich mit Kalifornien. Heute spiele ich immer mal wieder mit dem Gedanken Berlin ganz zu verlassen und nach Frankfurt zu gehen, was einem Umzug ins Ausland beinahe gleichkommt, denn Berlin ist Berlin und hat für mich nur ganz wenig mit dem Rest von Deutschland zu tun.

Was mir hier fehlt, wirklich fehlt, ich erwähnte es bereits einige Male, sind die Berge. Mittelgebirge würden schon reichen. Irgendetwas wo man raufsteigen und dann heruntergucken, oder wo man von unten hochschauen kann, etwas, das der Landschaft mehr Struktur und Tiefe gibt, sich am Horizont als blaue Silhouette abzeichnet und von der Vergänglichkeit und einem anderen Erdzeitalter erzählt.
Und ein Fluss, ein richtiger, wäre auch schön. Ein Strom. Sowas wie die Elbe, die Donau, der Rhein oder der Main. Wasser, viel davon. Vielleicht sollte ich mal eine Weile in eine Hafenstadt gehen. Hamburg oder Kiel oder Dover oder Brest. Große Schiffe, Werften, Öl, Matrosen, Meer.

2. Beruf – Berufung – Job – Work-Life-Balance….. wie hälst Du es?

Leider habe ich mein erstes Studium zugunsten eines aussichtsreicheren Werdeganges aufgegeben. Wäre ich dabei geblieben, so hätten Beruf und Berufung eins werden können. Bin ich aber nicht. Stattdessen habe ich wahnsinnig viel Orgakram um die Ohren, der mich viel Nerven kostet und mir überhaupt keinen Spaß macht, auch wenn ich inzwischen ganz gut darin bin. Freizeit bleibt mir immerhin genug. Die verbringe ich gerne mit Hund im Freien, mit Sehen, mit Schreiben und mit dem Einen.

3. Natürlich bist Du ein freundlicher Mensch. In den seltenen Ausnahmen, …. welches ist Deine favorisierte Dominanzstrategie?

Da müsste ich jetzt wirklich nachdenken. Ich habe eigentlich keine Schwierigkeiten mich durchzusetzen. Natürliche Autorität, oder so. Wie diese allerdings funktioniert, wie ich das mache, außer einen strengen Blick aufzusetzen und sehr ernst zu werden, weiß ich nicht. Nur bei dem Einen komme ich damit gar nicht durch. Granit. Wir stehen Kopf an Kopf, wie die Ziegenböcke und keiner gibt auch nur 1 cm Boden verloren. Bis wir erschöpft sind und das Feld räumen. Beide.

4. Hast Du Pflanzen? Wie gehst Du mit Ihnen um?

Seufz. Ich hatte mal Pflanzen und ich kann von mir behaupten 10 grüne Finger zu haben. Alles gedieh und wuchs und blühte, ob nun gewöhnliche Grünlilie, Kakteen, Orchideen oder Hibiscus, Zimmerlinde, selbstgezogener Avocado. Aus Pflänzchen wurden Bäume, raumfüllend und prächtig. Doch dann trat der zauberhafte Ludwig

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in mein Leben und zerstörte in allerkürzester Zeit sämtliche Pflanzen mit glucksender Freude und größter Konzentration soweit, dass ich sie verschenken musste um überhaupt noch etwas zu retten.
Ein Teil von ihnen ist beim Unterfranken gelandet, der mit wenig Aufmerksamkeit und maximaler Nachlässigkeit große Erfolge, in Form von Blüten erzielt. Die anderen habe ich im Freundeskreis verteilt.
Ab und zu kaufe ich mir ein Saisonpflänzchen und stelle es auf eine, eigens mit Taubenvergrämungsstacheln abgesicherte, Fensterbank, wo es dann ludwigsicher lebt, bis ich es in den Garten setze.
Dort sieht es zum Glück ganz anders aus: Ginkgo, Kirschbaum, Kastanie, Pflaumenbaum, Stachelbeeren, Johannisbeeren und Himbeeren gedeihen ganz wunderbar, und ich freue mich an den Hortensien, dem wilden Wein, dem Rascheln des meterhohen Bambus und träume davon eines Tages einen Feigenbaum zu besitzen. Gerade gestern habe ich einen im Nikolai-Viertel gesehen (ich war auf der Suche nach dem Geheimnis des Kuppelkreuzes des Berliner Doms, aber das ist eine andere Geschichte). Schöne grüne Fingerblätter, breiter Wuchs, und er trug sogar Früchte.

5. Welches sind Deine 2-5 persönlichen (Kindheits-)Helden?

Helden? Hatte ich keine. Ich weiß eigentlich auch gar nicht so genau was ein Held sein soll. Das Wort wird inzwischen total inflationär und undifferenziert gebraucht. Allein die Popband, die sich so nannte… Dieses Alltagsgequatsche, wo jeder als Held tituliert wird, der irgendetwas etwas Banales halbwegs passabel hingekriegt hat, oder in irgendeiner Extremsportart eine besonders gute Figur gemacht hat, finde ich einigermaßen irritierend. Wenn ich Held höre denke ich mittlerweile sofort „Flachpfeife“.
Aber um auf die Frage zurück zu kommen (ich staune gerade selbst, wie mich das Wort Held aus dem Häuschen geraten lässt, um nicht zu sagen in Rage bringt. Bitte um Nachsicht!), nein, Helden hatte und habe ich nicht. Ich bewundere manche Menschen für ihren Mut und ihre tätige Nächstenliebe, ihren klugen Kopf oder ihre schöpferische Kraft. Das war´s aber auch schon.
Kein Held, aber der erste Schwarm meiner Kindheit war Donald Duck. Das Interesse an Matrosen und der Gefallen an ihren Uniformen ist mir bis heute geblieben.

6. Womit vertrödelst Du gerne Deine Zeit?

Vertrödeln. Schönes Wort. Weiß gar nicht. Am liebsten gehe ich mit dem Hund raus. Stundenlang. Und ich schaue den Pflanzen im Garten beim Wachsen zu. Überhaupt gucken, schauen, beobachten. Sehen. Aufsaugen. Ich würde sagen mein ganzes Leben ist ein einziges Trödeln und Sich-treiben-lassen. Ich bin weder zielstrebig noch ehrgeizig und suche nach nichts anderem als Zufriedenheit. Karriere oder Besitz sind dabei wenig hilfreich.
Also trödele ich nach Herzenslust und fühle mich gut dabei.

7. Was liest Du gerade?

Nichts. Gar nichts. Außer vielleicht die Dosierungsanleitung meines Waschmittels und den einen oder anderen Blogtext. Für mehr reichen Kraft und Aufmerksamkeit gerade nicht.

8. Du schreibst, weil….?

… es mir gut tut,
weil es mir ein inneres Bedürfnis ist,
weil mein Vater mir die Liebe zur Sprache und den Worten mit gegeben hat,
weil ich glaube eine gute Beobachtungsgabe zu haben,
es mir Freude macht Gesehenes zu beschreiben und mit anderen zu teilen.
Da ich es mag auf diese Weise mit Menschen in Kontakt zu treten blogge ich.
Eine Botschaft, ein Ziel habe ich nicht. (s.o.)

9. Wie möchtest Du Deinen 77. Geburtstag feiern?

Da fragst Du was. Das ist noch so weit weg, dass ich keine richtige Vorstellung davon habe. Ich werde, sofern ich überhaupt noch lebe, nicht mehr der Mensch sein, der ich heute bin. Da fallen mir Voraussagen schwer. Vielleicht lade ich zum Rentnerschwof mit Retropunk und Marianne Rosenberg ein, oder ich mache eine Flusskreuzfahrt bis zum Schwarzen Meer. Möglicherweise feiere ich auch mit meinen nie geborenen Kindern und Enkelkindern, oder tue andere wunderliche Dinge, wie zum Beispiel heiraten.

10. Hättest Du ein Schiff…. welches wäre es, welchen Namen trüge es?

Hätte ich ein Schiff, dann wäre das ein Luftkissenboot mit dem ich auch über Land schweben könnte. Ein richtiges Amphibienfahrzeug. Sein Name wäre: Alibert Meistertrunk.

11. Das Wesen der Liebe……?

…bleibt unergründlich.

Bitte nicht enttäuscht sein, aber ich reiche den Award dieses Mal nicht weiter. Wer allerdings die Fragen beantworten möchte, kann das sehr gerne machen. Hier in der Kommentarspalte ist reichlich Raum dafür, oder aber im eigenen Blog.

15 Kommentare zu “Fernweh, Berufung, Helden und Zeit. Der Liebster-Award.

  1. Berlin an der Seine und hinten das Meer
    ganz schnell ins Grüne doch wenig Verkehr
    In der Nähe sind alle Läden!
    Der große Strom mit der Fähre nach Schweden.
    Panoramaberge gibt’s mit Wein und Reben,
    Kein Investor stört das Leben.
    Und das alles ohne Leistungssinn –
    da will ich hin, da will ich hin.
    (Idee geklaut!)

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    • Nu wundere ich mich, wofür man eine ewige Müßiggängerin wie mich gebrauchen könnte. Jede Menge Meinung, aber träge und faul bis zum Anschlag. Trotzdem eine schöne Vorstellung gebraucht zu werden. Danke!
      Leider bin ich ja nun durch und durch Städterin, so dass das Landleben für mich absolut nicht in Frage kommt. Ich kann das nicht. Diese Stille und Weite und so wenige Menschen und so niedrige Häuser und kein großer Fluss oder das Meer und jeder kennt jeden und so weiter und so weiter. Bin Berlinjunkie, was soll ich tun?

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  2. Eine „seltsame“ Antwort auf „seltsame“ Fragen, tikerscherk. Und „seltsam“, niemand hier beantwortet sie alternativ.

    1) Land
    Erde? Universum? Ist kein Land? Eine Frage der Definition. Der Vorteil dieser Definition: Niemand überfällt sein eigenes Land.

    Was tun? Tun, was ich immer tue. Nur „besser“.

    2) Beruf
    Nun ja, im Universum sollte man sein „Schiff“ reparieren können.
    Alternativ: One Man Band?

    3) Dominanzstrategie
    Logik. Ehrlichkeit. Es braucht keine Dominanz. Tatsachen sind vollkommen ausreichend.

    4) Pflanzen?
    Natürlich. Ohne Pflanzen kein Leben.

    5) Helden?
    Existieren nicht.

    6) Zeit „vertrödeln“?
    Arbeiten.

    7) Lesen?
    Momentan tikerscherk. Ansonsten steht aus besonderem Grund „Twelfth Night, or What You Will“ an.

    8) Warum Schreiben?
    Warum sprichst Du?

    9) Geburtstag
    Ich feiere nicht. Oder genauer ich feiere immer.

    10) Schiffsnamen
    They call it enterprise.

    11) Wesen der Liebe?
    Geduld. Überraschung. Anhalten der Zeit.

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      • Das ist doch bisher der längste Post zu diesem Artikel. Oder?

        Braucht es wirklich mehr?

        Zur Arbeit (in der Tat, „seltsam“ – ich muss Geld verdienen, würde doch viel lieber die Zeit anhalten) sagst Du was, doch zur Liebe nicht?

        Ist es, weil Du Liebe auch a la Stadt, Land, Fluss beantwortet hast?

        Arbeit ist in meinem Fall Kommunikation. Kommunikation funktioniert nicht. Es braucht also sehr viel Liebe, sehr viel Geduld, um nicht zu sehr Zeit zu verschwenden. Dabei wäre es so einfach…

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        • Lieber Joachim, Du klingst etwas angefasst. Ich hoffe ich bin Dir nicht auf den Schlips getreten?
          Ich freue mich, dass Du den Faden aufgenommen hast, und nein, es braucht nicht mehr.
          Geld verdienen müssen ja die meisten. Ich hatte die Frage so verstanden, dass es genau nicht um Arbeit ging, sondern ums Trödeln. Da sieht man, wie wichtig es ist erstmal sein Sprach-Inventar zu kommunizieren, wenn man sich verstehen möchte. Und, ja, Kommunikation ist Arbeit, wie Du richtig schreibst, soll sie gelingen, braucht es wirklich viel Geduld und Aufmerksamkeit.

          Mit der Liebe halte ich es mit Max Frisch. Ich möchte sie nicht mit Worten festnageln, sie in ihnen erstarren lassen, sondern sie in der Schwebe des Lebendigen lassen. Meine Antwort ist offen für das Delta ihrer unzähligen Wendungen und Erscheinungsformen. Insofern, you´re right, lautet die Antwort: Fluss.

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      • Oh je, klingt das durch? War keine Absicht. Nein, Du bist mir sicher nicht auf den Schlips getreten. Du bist offenbar nur ziemlich „feinfühlig“.

        Wobei mir jetzt, wo ich „hier“ schreibe …

        (und den Satz, „hier“ hätte mir niemand auf den Schlips getreten, wegen der Selbstverständlichkeit gestrichen hatte),

        … „Internet“ als Antwort auf Frage 1 geben könnte. So lange es noch geht… Nein nein, auch dafür kannst Du nix. Gottlob. Oder daily paranoia?

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  3. Pingback: Stöckchen Lesetips | meertau

  4. ach liebe stadtjunkerin…. so herrlich und liebenswert und interessant ihre antworten. besonders ihre heldenallergie finde ich so wunderherzlich anerkennenshaft.
    ihr luftkissenboot finde ich einzigartig und den namen wunderschön. beim vertrödeln von zeit haben wir offenbar höchst ähnliche strategien. bei der dominazfrage musste ich herzlich lachen, einfach weil ich gerade übte den höflich-höchst-erstaunt-augenblick…. und so erschrocken war über stramm stehende ausgewachsene kerle, dass ich meine selbsteinschätzung zutiefst in frage stellte.
    die 77 ist eigentlich eine ganz ganz blöde frage denn: who knows… aber bissi viel zuviel champagne und rock’n roll wär fein, aber wer weiss schon.
    die frage mit der work-life-balance ist ja eigentlich eine ganz furchtbare frage, denn sie unterscheidet leben und arbeiten. wir leben …. halt … und gott sei dank. und ja wir arbeiten…. das ist teil unseres lebens…. sage ich mal so trödelnd vor mich hin.
    ein großes glück, dass die liebe sich nicht in worte fassen lässt.
    sooooooooooooooooo lieben dank für ihre …. na sie wissen schon !

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