Intime Geständnisse – ein Blogstock

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Vom dem geschätzten und sehr gerne gelesenen Blog  Schlechter Sex und Dosenbier  (leider habe ich nicht herausgefunden wie sich die Autorin oder der Autor dieser abgründigen Prekariatsoperette nennt) kommt ein Stöckchen geflogen. Vielen Dank für die Nominierung!
Die Vorgabe für dieses Stöckchen ist 7 Fakten über mich preis zu geben.
Da ich hier seit Jahr und Tag von meinen erotischen Vorlieben, politischen Haltungen und 1000 durchlebten Katastrophen erzähle, musste ich tief graben um etwas Neues hervor zu kramen. Möglicherweise wird denjenigen, die hier regelmäßig lesen (wo ist eigentlich Joachim?) das Eine oder Andere bekannt vorkommen, das meiste aber sind exklusive Neuoffenbarungen.

Voilà:

Erotik: der Geruch von frischem Beton macht mich kirre. Wenn ich an Neubauten vorbei komme, in denen der Estrich frisch gegossen wurde kribbelt es mich derart, dass ich mich beinahe augenblicklich jedem dahergelaufenen Bauarbeiter, oder wer sonst so zur Verfügung stünde, hingeben möchte. Beinahe.
Auch Uniformen, Trachten oder Arbeitskluften können mich sehr nervös machen.
So ist Kreuzberg am 1. Mai der ideale Ort für mich.
Ansonsten halte ich es mit France Gall: ein bisschen Goethe ein bisschen Bonaparte, so soll der Mann  sein, der Mann auf den ich warte(te).

Füße: ich mag keine nackten Füße. Weder meine eigenen, noch die anderer. Ich kann Füße allenfalls akzeptieren, oder wie man modern sagen würde: tolerieren. Und solange sie noch sehr klein sind, kann ich sie sogar ein bisschen niedlich finden. Eine Ausnahme bilden allein die schönen Füße meiner Schwester, die aussehen, als hätte sie nie etwas anderes getan, als über duftende Kräuter zu wandeln und dabei mit glockenheller Stimme zu singen.
Wer mich kennt, weiß, dass er bei mir bitte nicht mit Sandalen oder noch schlimmer Flipflops aufkreuzen sollte. Am ekelhaftesten sind diese Schuhe, die so aussehen, als wäre man barfuß. Von denen wird mir beinahe schlecht. Ein echter Trennungsgrund. Dann schon lieber Tennissocken in Adiletten.
Ein guter Freund trug bei mehreren Treffen hintereinander Birkenstocksandalen in denen seine Zehen aussahen wie aufgebahrte tote Maulwurfembryonen. Ich bat ihn nachdrücklich die Schuhe nie wieder in meiner Gegenwart zu tragen. Als er bei seinem nächsten Besuch prompt damit auftauchte, musste ich die Verabredung leider sofort beenden.
Er liebt meine exzentrische Art und wir sind trotzdem noch sehr gut befreundet.

Dunkelheit: ich brauche absolute Dunkelheit um gut schlafen zu können. Es muss so schwarz sein im Raum, dass ich meine Hand nicht vor Augen sehen kann. Selbst der rotleuchtende Schalter einer Mehrfachsteckdose würde da stören. Zudem habe ich kein Licht neben dem Bett. Nur eine kleine Taschenlampe für den Bedarfsfall. Ich kann im Bett nichts anderes tun als zu ruhen oder zu lieben. Traumhaft.

Eitelkeit und Schönheit: ich bin eitel. In einer speziellen, beinahe unauffälligen Weise: ich möchte naturschön aussehen. Die Kunst besteht also darin sich so zu schminken, dass man es nicht sieht, sich so zu frisieren, dass es unfrisiert wirkt und sich so zu kleiden, als wäre man einfach so in die erstbesten Klamotten gestiegen. Letzteres gelingt mir am wenigsten. Die Tatsache, dass ich ausschließlich stark taillierte und eng anliegende Blusen, gerne aus den 70ern, mit spitzem Kragen und manchmal mit geometrischen Mustern oder mit Blumen trage, dazu gerade geschnittene, dunkle Hosen und fast ganzjährig weiße Chucks, macht mich eindeutig erkennbar als jemanden, dem das Äußere überhaupt nicht egal ist.
Schönheit ist mir wichtiger als sie sollte. Denn, wie sagt mein Vater immer so schön: sie ist bloß eine Krücke, die dir vom Leben früher oder später sowieso weggeschlagen wird.
Kommt Zeit.

Ticks: ich habe jede Menge kleine Ticks, Zwänge und feste Rituale, die meinem Alltag Struktur geben. Neben der Marotte meinen Schlüssel oder mein Handy in jeden Fluss werfen zu wollen, den morgendlichen 4 Reimwörtern, die ich innerlich sprechen muss, damit der Tag gelingt, den gelegentlichen Zählzwängen (Silben, Wörter), dem Verlangen in Versen zu denken usw. habe ich auch das Bedürfnis jeden Abend im Bett ein mit Brause gefülltes Bonbon zu essen. Am Liebsten mit Cola-Geschmack. Ich bilde mir ein, ohne nicht einschlafen zu können. Danach putze ich Ferkel mir nicht die Zähne. Merkwürdigerweise hat Karies sich von mir verabschiedet, seit ich Dreißig war.

Vorahnungen: ich träume manchmal Dinge, die dann am nächsten Tag exakt so geschehen. Vorwiegend solche, die andere Menschen in anderen Ländern betreffen und so schlimm und besonders sind, dass sie den Weg in die internationalen Nachrichten finden.
In einigen Fällen habe ich Freunden von dem geträumten Unglück erzählt, noch ehe es geschah. Sie hielten mich für überdreht, später dann für unheimlich. Leider lässt sich diese Vorahnung nicht abrufen und vorbeugend nutzen und mit Esoterik habe ich ohnehin nichts am Hut.

Berühren. Musste ich als Kind alles in den Mund stecken, so möchte ich heutzutage immer alles anfassen. Die Rinde der Platanen, die haarigen Blätter des Salbei oder die wachsglatten der Rose, Stoffe, Gemüse (Avocados!), geriffelte Konservendosen, Sägeblätter, den Lack des lindgrünen /8 (StrichAchter) im Kiez. Jeden struppigen Hund, jede daher gelaufene Katze, den alten Esel im Streichelzoo. Wenn ich darf, möchte ich pneumatisch-speckige Babyhände drücken, die sehr unterschiedlich weichen Haare meiner Freunde zwischen die Fingerspitzen nehmen und die zarte, pergamentdünne Haut alter Menschen berühren. Haptik, auch die der einfachsten Alltagsgegenstände ist mir neben der Optik ein Anliegen und ein Genuss. Beim Kauf meines letzten Telefons, zum Beispiel, war ein entscheidendes Auswahlkriterium der Druckwiderstand der Tasten.

 

Das war´s. ich hoffe gut unterhalten und zu haben und reiche das Blogstöckchen mit Freuden weiter an:


500 Wörter die Woche
Wieselblog
Der Lindwurm
Greta
Einfach schwimmen
arboretum
Carmen (Umamibücher)
Vielleicht heute. Morgen. Oder im Sommer.
Pagophila
Asal

 

Hier die Regeln:

Schreibe 7 frei gewählte Fakten über Dich, verlinke auf das Blog, das Dich nominiert hat und reiche das Blogstöckchen schließlich weiter an (+/-) 7 Blogs.

 

30 Kommentare zu “Intime Geständnisse – ein Blogstock

    • Das ist schön- danke!
      Wofür brauche ich Licht im Bett? Lesen tue ich besser im Sitzen und für den Schlaf oder die Liebe brauche ich kein Licht, bzw. nur den matten Schein der kleinen Taschenlampe. Das wirft schöne Schatten an die Wand.

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  1. Ich schließe mich dem Kormoran an, bin auch Fan, mit jedem Eintrag mehr und nach diesen intimen Geständnissen erst recht! Über die Nominierung freue ich mich und werde die Woche über fleißig Introspektion betreiben..;-)

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    • Da bin ich beinahe beruhigt. Ist ja nicht so, dass ich nicht wüsste wie überdreht ich manchmal bin.
      Wer jetzt noch bleibt und sogar „erst recht“, den heiße ich gleich noch herzlicher Willkommen.
      Auf die Ergebnisse Deiner Introspektion bin ich jetzt schon sehr sehr gespannt. Freue mich, dass Du mitmachst!

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  2. Ich kenne so einige Menschen, die diese Sache mit den Füßen haben. Ich habe zum Glück schöne Füße, wie mir mal ein Fußphobiker attestierte. Jetzt muss ich mal schwer nachdenken, was ich da alles gestehen kann, das nicht langweilig aber auch nicht strafbar oder allzu peinlich ist. Ich publiziere ja unter meinem echten Namen. Danke fürs Nominieren jedenfalls, du Ferkel! <3

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    • Ist schon viel besser geworden mit dieser Abneigung und inzwischen kann ich manchen Fuß sogar akzeptabel finden. Aufgebahrte, behaarte Zehen in ausgelatschten Fußbetten schaudern mich aber immer noch. Brrrrr.
      Ich habe auch eine Weile nachgedacht, was ich hier schreiben könnte. Es können natürlich auch ganz andere Fakten sein, die weniger skurril oder exzentrisch sind.
      Zuerst wollte ich über Freundschaft, Liebe, Tod, die Bretagne, das Tessin, Heimat, die Berge, das Meer und Träume.schreiben. dann dacht ich, dass ich darüber mal gesondert etwas verfassen will.

      Bin gespannt, was Du uns presigibst und freue mich, dass Du mitmachst!
      <3

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      • Ich opferte dir meinen ersten freien Vormittag ohne Kind seit 9 Tagen! Fühlst du dich schlecht? Es hat mir Spaß gemacht!!! Ich hoffe, die Spannung war gerechtfertigt. <3

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        • Die Spannung war gerechtfertigt, und dass Du Deine kostbare kinderfreie Zeit dem Stöckchen geopfert hast ist wirklich sehr großzügig.
          Zum Glück hat es Dir Spaß gemacht (das merkt man an den Antworten).
          <3

          Gefällt 1 Person

          • Total. Ich bin in richtig guter Stimmung seit gestern. Vermutlich nicht nur deshalb, aber auch. In letzter Zeit gab es sehr viel Trauriges auf meinem Blog. Das war ein wenig verzerrend. In diesem Sinne, ich melde mich bald bei dir, da einer das ja übernehmen muss. Ich komme nach Kreuzberg!!!

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  3. Pingback: Beworfen und Gebeichtet | asallime

  4. Ja, bin noch da. Natürlich! Zu viel (Politik) in letzter Zeit. Ich lese Deinen Block niemals, wenn ich nicht in Ruhe lesen kann. Btw. ich kann den Artikel mit der Zeit kürzlich nicht finden. Der passt zu Vorahnungen (vielleicht).

    Doch was soll ich hier sagen? Rituale kenne ich auch. Nur haben die den Zweck, Dinge zu vereinfachen. Beton macht mich nicht an, Uniformen lösen bestenfalls Unbehagen aus. An heißem Motoröl habe ich mich schon verbrannt. Füße? Sind wichtig um Nachts einen See zu umgehen. Besonders danach liebt meine Frau Fußmassagen. Ich habe kein Problem, ihr den Gefallen zu tun.

    Vorahnungen haben nichts mit Esoterik zu tun (was Du auch nicht behauptest) und schlafen kann ich überall und unter allen Umständen. Eitelkeit? Keine Ahnung, ich behaupte, damit nichts zu tun zu haben. Wann ist jemand schön? Wann ist jemand nicht schön? Ich finde jemanden schön, wenn jemand wirklich ist und wenn die Augen leuchten. Und wehe, jemand versucht da Tricks mit den Wimpern.

    Ticks? Meine? Ich sach mal so: „Manchmal denke ich schon vor dem Frühstück an nicht weniger als sechs unmögliche Dinge.“ (aus Burtons Alice im Wunderland) deutet die Richtung an. Doch sind das Ticks, was Du da beschreibst?

    Also, von welcher Wunderwelt erzählst Du da? Nicht missverstehen, Deine Antwort finde ich gerade deshalb so interessant. Wie unterschiedlich die Menschen sind, hat mir ein kurzer Blick auf Deinen Stöckchenwerfer gezeigt. Die Kommentare hier stützen das.

    Ich habe versucht, Deine Antworten nachzuvollziehen und bei einigem Nachdenken vergleiche ich Deine Abneigung gegen Füße mal mit meiner Abneigung, fremde Klamotten anzuziehen oder eigene zu verleihen. Oh, jetzt fällt mir noch tatsächlich noch mehr ein. Wirklich überraschend. Sehr überraschend.

    Was mich „anmacht“, das ist jedoch etwas vollkommen Anderes. Oder ich will das auch nur glauben? Ich frag mal meine Frau.

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    • Meinst Du diesen Text, den Du nicht mehr findest?

      Für Deine Einblicke möchte ich Dir danken. Ist eine gute Idee, wenn das hier kräftig Kommentariat mitmacht.
      Die Sache mit den Füßen hat sich ein wenig zur Schrulle verselbständigt. Passiert mit den Jahren. Und das tikerscherk natürlich nicht 100% ich bin, sondern ein Konzentrat, wird hoffentlich deutlich.
      Was ich bin ändert sich ständig, so wie alles.

      Frag mal Deine Frau aus. Sie weiß vielleicht besser wer Du bist, als Du selbst :)

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  5. Pingback: Blogstöckchen: Intime Geständnisse | UmamiBücher

  6. Ui, das waren ja mal spannende, unterhaltsame (und schon ein bisschen auch neurotisch schillernde) Antworten. ;) Auch das Lesen hat also Spaß gemacht und spätestens bei den Ticks hattest du mich. Genau das mit dem Schlüssel kenn‘ ich übrigens ebenfalls. Schräg.
    ::
    So denn, vielen Dank noch mal für das ein oder andere Schmunzeln und natürlich einen schönen Abend.
    ::
    Herzallerliebste Grüße, Claudia

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    • Claudia heisst Du! Deinen Namen hatte ich inzwischen durch intensive Recherche Deiner online-Dialoge heraus gefunden.
      Mit Deinen fabulösen Antworten konnte ich kaum mithalten, aber mir scheint, dass wir beide auf eine Weise ein klitzekleines bisschen schräg und überdreht sind.

      Ich habe sehr gerne bei dem Blogstock mitgemacht und bedanke mich noch einmal ganz herzlich für die Nominierung!

      Man liest sich!

      K

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  7. Gestern habe ich meine sieben Bekenntnisse dann auch mal öffentlich gemacht. Deine habe ich sehr gerne gelesen! – Halte seitdem in der Stadt die Nase in die Luft, um die Wirkung von Betongerüchen zu prüfen, aber bei uns riecht es nur nach Schneeregen.
    Beste Grüße! Greta

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    • Danke, liebe Greta. Beton riecht im Sommer am besten. So kühl und frisch und leicht säuerlich.
      Ich hab schon bei Dir vorbei geschaut und dann gleich weietr auf die Blogs, denen Du das Blogstöckchen weiter gereicht hast.
      Das schöne an solchen Aktionen ist ja, dass man seine Blognachbarn ein bisschen kennenlernt und man den Menschen dahinter sieht.
      Dass Du eine sehr sympathische Frau bist habe ich schon vorher empfunden, jetzt hab ich noch die Fakten dazu.

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      • Oh, danke…
        Ja, habe auch bei den Schreib-Nachbarn gestöbert, von denen das Stöckchen zu Dir kam und bei etlichen, denen Du es weitergegeben hast.
        Nochmal danke, dass Du mich auf die Liste gesetzt hast! Ein lieber Gruß nach Kreuzberg.

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  8. Pingback: Ein Stöckchen! | gretaunddasleben

  9. Pingback: In eigener Sache: Awards | 500 Wörter die Woche

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