Strippen ziehen

Im Lichterschein am Rande des Universums, Bethaniendamm, Ecke Köpenicker.
Unter Tausenden nur für uns.
Größenwahn und Großmäuligkeit. Dem Piefke sein Palast.
Quirlige, hupende, historische Aufgeregtheit. Ein Spektakel. Ich war dabei, ich war dabei.
Du lächelst, und trittst von einem Fuß auf den anderen. Rauchen gegen die Kälte.
Wir lachen als die unbeleuchteten Ballons in den nebligen Himmel aufsteigen.
Enttäuschtes Jubeln, Raunen, ein Kind weint.
Die Pilger pilgern.

Doch wir küssen, als ob nichts geschieht

Später dann im Dunklen Raum. Ein Flimmern in den Augenwinkeln, wie beim Erwachen.
Ich höre deinen Atem, du greifst zu mir herüber. Unsere Handflächen gleiten gegeneinander. Trockene, warme Schlangen. Puls an Puls.
Damals. Du warst in Berlin, ich in Hamburg.
Der richtige Zeitpunkt im Leben.
Die kleine Pforte. Nur an diesem Tag und zu dieser Stunde existent und nur für uns sichtbar.
Eine Welt.
Fügung, Geschick.

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Hingabe.
Worte. Liebe. Liebhaben.
Unzulänglichkeit von Sprache.

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Ich möchte ein Wort erfinden, das nur uns und diesem Gefühl gehört, es sogar und selbst ist.“
Wozu ein Wort, wenn wir und nur wir wissend fühlen, wie es ist. Wir haben uns lieb, nur dies und dieses so ganz.“
Das Wort brauchen wir nicht. Es würde nichts ändern. Wenn aber doch, dann klänge es wie Busen, Woge, Seele und andere wunderbare Wörter zusammen. Weich, bewegt, klar und wohlig. Eine Wortlibelle.“
Oder ein Vogelschwarm von Worten, Gesten, bloßen Lauten. Vielstimmig, vielflügelig, chaotisch und anmutig gleichermaßen. Dabei doch immerfort gelenkt von einer unsichtbaren und unwiderstehlichen Kraft, die allem Einzelnen äußerlich ist und deren Wesen sich dennoch in nichts als dem Willen und Tun jeder und jedes Einzelnen in jedem kurzen Augenblick offenbart.“

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Wir sind verbunden.

14 Kommentare zu “Strippen ziehen

  1. Tja, als die Ballons aufstiegen, wurde es langweilig…
    Schön beschrieben!

    Wir waren am Engelbecken am Sonntag gegen 17.00 h, haben nur ein paar Fotos gemacht und sind schnell wieder verschwunden. Es war einfach zu voll.

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    • Die ganze Zeit schon hatten wir uns gefragt, ob es sich nun um leuchtende oder wirklich nur um be-leuchtete Ballons handeln würde.
      Das Spektakel, so war in der Presse angekündigt worden, sollte vom Universum aus zu sehen sein.
      Als dann nach und nach die Ballons aufstiegen und mit ihnen das Licht verlosch, konnte man eigentlich nur enttäuscht sein.
      Was man dort oben im Universum dachte, weiß ich freilich nicht, könnte mir aber vorstellen, dass man sich vor Lachen gebogen hat, über die Berliner Großspurigkeit, und das legendäre Versagen.

      Und zu voll war es obendrein. Jedenfalls, für das, was dann geboten wurde.
      Abr ich will nicht nur jammern. Unser Abend war sehr schön, und die Lichtgrenze an sich eine tolle Idee.

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      • Wir haben es von ganz weit betrachtet; etwa 16 000 km. Und es war gut! Bei der Übertragung wurde immer wieder betont wie ruhig alles verlief. Ich dachte die „Großspurigkeit“ hatten die Berliner zuhause gelassen?

        Der Umwelt wegen waren die Ballons nicht beleuchtet. So löste sich die symbolische Wand schnell im Nichts auf. „Da kieckste, wa?“

        Eine gute Freundin hat uns berichtet, dass sie die ganze Strecke. in zwei Ansetzen, abgelaufen war.

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        • Die Großspurigkeit, die ich erwähne bezieht sich mehr auf die Ankündigungen vor dem Event.
          Da war zu lesen von einem Ereignis, dass vom Universum aus zu sehen sein würde. Größer, toller, Berlin.
          Am Ende konnte man von da oebn sehen, wie hier unten die Lichter ausgingen.
          Rabimmel, rabammel, rabumm.

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  2. Mit der Erinnerung an ein sinnleeres Event beginnen und in eine sinnlich zärtliche Geschichte hinübergleiten.
    So läßt es sich aushalten.
    Danke.

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    • Sich an das größte, historische, positive Geschehen des 20. Jahrhunderts zu erinnern ein „sinnleeres Event“ zu bezeichnen, zeigt eher eine Beziehungslosigkeit. Vielleicht hätte man es anders gestalten können, Wir konnten leider nur aus der Ferne, über den rbb, zuschauen aber der Sinn hat uns doch gepackt. Die ganze Tragweite, Krieg, Teilung, Mauer und Mauerfall ist in unserem Fleisch und Blut. Das ist und bleibt erlebte Geschichte: für uns; und durchaus nicht „sinnleer“.

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  3. Für uns, aus der Ferne gesehen wie damals 1989, war es ein wunderbares Ereignis. Gerne wären wir dabei gewesen. Und die vielen Menschen, die es wagten in die Menge zu tauchen, spürten alle das Gleiche. Ein stille Träne gab es auch. Nicht so hysterisch wie damals, versteht sich.

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    • Es war ohne Frage ein wunderbares Ereignis. Von sinnleer kann nicht die Rede sein.
      Die Lichtergrenze war auch eine gute Sache. das Event am 9.11.hingegen war doch ziemlich mau.
      Aber so isser eben auch der Berliner: immer am Hadern mit seiner Stadt und doch von Liebe zu ihr erfüllt, vor allem, je weiter er von ihr entfernt ist.
      Mir jedenfalls geht das so.

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