„Was denkst du?“ fragt der Unterfranke und schaut mich unter dem Schirm seiner Mütze hervor an.
„Ich frage mich, ob die Taut-Brüder Freunde waren.“
„Verstehe.“
„Oder eher Konkurrenten.“
„Ich muss gleich los.“
„Und ich freue mich, dass ich am Leben bin.“
„Ich auch.“
„Was denn? Dass ich am Leben bin, oder Du?“
„Beides natürlich. Wenn ich nicht da wäre, könnte ich mich nicht freuen.“
„Das wäre schade.“
„Ja. Andererseits wäre es auch egal. Wir wüssten es ja nicht.“
„Stimmt.“
„Stimmt?“
Ich lache. Wir trinken unseren Kaffee und beobachten das Treiben auf dem Oranienplatz.
„Ich muss jetzt wirklich los. Sonst wird es zu spät, bis ich unten bin.“ sagt er und steht auf.
„Wann kommst du zurück?“
„Das weiss ich noch nicht. Der Feuchtwanger ist gestorben. Der Partygott.“
„Kenn ich nicht. Woran ist er gestorben. Drogen?“
„Die feiern jetzt eine große Party. Das hat er sich so gewünscht.“
„Wusste er, dass er stirbt?“
„Krebs.“
„Oh, das tut mir leid.“
„Passt schon.“
Pause
„ Meld dich, wenn du zurück bist.“
„Ich bleib ein paar Tage.“
Du würdest ihn vermissen…
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Die Frage stelle ich mir oft.
Kann man jemnden vermissen, den man nie kennen gelernt hat?
Wieviele Menschen, die ich hätte vermissen können, habe ich erst gar nicht getroffen, weil sie zu früh gestorben sind oder gar nicht erst zur Welt kamen?
„Wie schön, dass du geboren bist, wir hätten dich sonst sehr vermisst.“
Dieser Liedzeile konnte ich nie richtigen Glauben schenken.
Das ändert sich gerade.
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Auf das Vermissen von jemandem, den man nie kennengelernt hat, passt vielleicht besser Sehnsucht? Beides bezeichnet vermutlich dasselbe: Das diffuse, unbestimmte Sehnen nach dem missing link? So wie Zwillinge, die getrennt voneinander aufwachsen, vom Vermissen des jeweils anderen berichten, ohne überhaupt zu wissen, dass es ihn gibt.
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Sehnsucht, Saudade, Verlangen. Von allem etwas.
„Unbestimmtes Sehnen“ ist sehr schön.
Ob es letztlich nicht immer nur ein Versuch, oder der Wunsch ist, die karstigen Orte in sich selbst mit Leben zu füllen, durch das Echo bzw. die Sonne eines anderen Menschen?
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Ist das verwerflich? Ich glaube nicht. So lange wir uns der Individualität des anderen bewusst bleiben und ihn nicht bloß als Spiegel unserer selbst sehen. Was natürlich schwer genug ist…
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Nein, es ist absolut nicht verwerflich.
Wi können vermutlich nicht anders, als uns selbst immer im Zentrum unseres Universums zu sehen, alles andere als Teil davon.
Es kann allerdings zu schweren Enttäuschungen führen, wenn man für das geliebt werden möchte, was man ist, und nicht für das, was man bewirkt, oder wozu man einem anderen nützt, um es einmal hart zu formulieren.
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Leider passiert das. Und dass man fallen gelassen wird, nachdem man sich hat ausnützen lassen. Das Gleichgewicht in Beziehungen, wo ein gegenseitiges Geben und Nehmen sich die Waage halten, ist leider ein seltenes Gut.
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…und dann noch der Dialog zwischen dem beeindruckenden Bild und dem Text!
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So ist das, wenn man sich lange kennt
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Ach, nun wollte ich gerade schreiben, was für ein wunderbares Bild dir gelungen ist :-D, das Lob geht an dann mal an den Fotografen, aber gut ausgewählt, passt zum Text.
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Leider nicht von mir, das Bild. Aber ich fand es auch treffend.
Trotzdem danke für das Lob!
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